http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0649
Kaindl: Die physiologischen Grenzen der Gesichts-Halluzination. 645
Pseudo-Objektivierung (d. h. den Anschein einer Objektivierung
— d. U.) verleihen würde, müßte als grund- und
zwecklos erscheinen und könnte, wie wir gesehen haben,
keinerlei physiologische Begründung erfahren und durch
keine der auf das Prinzip der natürlichen Auslese gegründeten
Evolutionstheorien dem Verständnisse auch nur
einigermaßen näher gerückt werden.
Es ist eine, „sensorische Automatismen tt, wie post-
hypnotiscbe Erscheinungen und Krystall-Visionen betreffende
wohlbekannte Tatsache, daß sie in gewissen
experimentellen Fällen auf Suggestionen oder Sinneseindrücke
, welche während der Hypnose empfangen wurden,
sowie auf latente Erinnerungen deutlich zurück verfolgt
werden können; doch läßt sich dies keineswegs von allen
Fällen behaupten, da namentlich beim spontanen Krystall-
sehen, telepathische Fälle ausgenommen, eine hypnotische
Beeinflussung des Sehers in der Regel nicht stattzufinden
scheint. —
Eine der erfolgreichsten Krystallseherinnen, die der S. P.
R. bekannt sind, und welcher sowohl die „Proceedings" der
S. P. R., als auch die Zeitschrift „ BorderlandÄ mehrere
diesen Gegenstand betreffende wertvolle Aufsätze zu verdanken
haben, ist Miss GoodrichFreer (jetzt Mrs. Spoer).
Die folgenden Stellen entnehme ich dem Berichte der
Zeitschrift „BorderlandÄ vom Januar 1894, weil darin
manche ihrer Versuche noch ausführlicher behandelt sind,
als in jenen der „Proceedings" der S. P. R., und möge das
zuerst Erwähnung finden, was sie über ihre Beobachtungen
berichtet, welche sie inbetreff der nach Krystall - Visionen
sich einstellenden Ermüdung der Netzhäute und auftretenden
Neigung („inelination") zur Wahrnehmung von Nachbildern in
den Komplementärfarben gemacht hatte. Sie äußert sich hierüber
wie folgt: „Auf Grund der von mir selbst erfahrenen
Eindrücke bin ich völlig überzeugt, daß das Anschauen
eines Krystallbildes ebenso eine Ermüdung der Retina und
als deren natürliche Wirkung die Wahrnehmung von Komplementärfarben
zur Folge hat, wie das Ansehen eines
wirklichen Gegenstandes, und durch an mir selbst angestellte
Versuche fand ich, daß, wenn die Netzhäute durch
längeres Anstarren einer roten Blume ermüdeten, mir dann
im Krystall eine grüne erschien, und umgekehrt, daß, wenn
ich im Krystall eine rote Blume erscheinen ließ (was mir
zuweilen gelingt), ich hierauf an der Wand einen grünen
Fleck erblicke; oder falls ich nur lebhaft wünschte, daß
im Krystallbilde ein Farbenwechsel eintreten möge, sich
derselbe sodann immer in der Weise vollzog, daß Blau
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0649