http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1911/0657
Deinhard: Wie kommt man in der Metapsychik weiter? 653
mußte sich damals damit begnügen, wenigstens das Eine
festzustellen, daß bei dieser Materialisations - Erscheinung
kein Betrug vorlag, daß jene fragwürdige Gestalt, die sich
„Bien Boatt nannte, tatsächlich eine echte Materialisation
darstellte. Und damit war die ganze Untersuchung dieses
Gelehrten zu Ende. Auf weitere Fragen konnte er — und
wollte er auch wahrscheinlich — nicht eingehen. Er ist
also nicht auf die naheliegende Frage eingegangen: wie
hat man sich die Entstehung einer solchen Erscheinung zu
denken? Woher entnimmt sie denn den Stoff, der doch
zu ihrer Sichtbarwerdung nötig ist? Und woher stammt
dieses Bewußtsein, das sich da in zwar verständlicher, aber
nicht gerade besonders sinnreicher Rede äußert? Stammt
es aus dem Unterbewußtsein des Mediums oder ist dieses
menschenartige Phantomgebilde wirklich das, was es zu
sein selbst behauptet, nämlich eine selbständige Menschenseele
, die sich für kurze Zeit verkörpert hat? Auf alle
diese so naheliegenden Fragen finden sich keine Antworten
in dem im übrifen gewiß fanz vortrefflichen Bericht Prof.
Eichels. Warum eigentlich nicht? Warum hat dieser Gelehrte
alle diese Dinge als ein „Noli me tangere" behandelt?
Weil er — wir haben dies ja schon oben hervorgehoben
— überhaupt kein Freund ist von Hypothesen. Dafür —
meint er — sei die Wissenschaft noch nicht weit genug,
sei die Zeit noch nicht reif.
Dr. Geley ist allerdings anderer Meinung, wie wir gehört
haben. Er meint — und ich glaube, er hat darin
vollkommen Recht —, daß man gerade das Materialisations-
Phänomen jetzt einmal sehr viel gründlicher untersuchen
sollte, als dies Prof. Eichet damals getan hat, daß man in
dieses rätselhafte Phänomen mit gemeinsamen Kräften so
tief einzudringen sich bemühen sollte, als dies überhaupt
möglich ist.
Ob diese Vorschläge Dr. Geley's, — welche die Redaktion
der „Annales des Sciences psychiques" ohne allen
Kommentar ihrerseits veröffentlicht — zur Ausführung
kommen werden? Wir wollen es abwarten. Nachdenklich
stimmen wird er wohl die französischen Metapsychiker
jedenfalls. Und zu wünschen wäre es sicher, daß die geistvollen
Ausführungen des genannten Gelehrten in den
Kreisen, für die sie bestimmt sind, ein offenes Gehör finden.
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