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Peter: Th. Flournoy's „Esprits et Mediums*. 659
bei den verblüffenden Botschaften zu leugnen, die man
manchmal in Sitzungen bringen sieht. Nur ehe man von
der Möglichkeit einer Sache bis zur Behauptung ihrer
Wirklichkeit schreitet, muß man mehr, als es die gewöhnlichen
Besucher dieser Sitzungen tun, überlegt haben, welche
Illusionen und Komplikationen den rein irdischen Quellen
entspringen können.* —
Dies wird jeder wissenschaftlich gebildete Spiritist zugeben
. Indes zur Vorführung dieser irdischen Quellen besteigt
Prof. Flournoy sogleich wieder sein Steckenpferd,
die Kryptomnesie. Ich will nicht noch einmal darauf
zurückkommen, zu welch' allwissendem Ungeheuer man die
Kryptomnesie machen kann. Wenn aber Flournoy hier
sagt: „Das spiritistische Publikum weiß unglückseligerweise
von diesen elementaren Wahrheiten nichts und nimmt
gläubig für eine Manifestation aus dem Jenseits, was oft
nur ein vulgäres Phänomen der Kryptomnesie ist/ so muß
ich an C. Lombroso erinnern, der in seinem Buche:
„Hypnotische nnd spiritistische Forschungen* schreibt:
„Wir wollen Flournoy Recht geben, wenn er behauptet,
daß die Smith sich an Berichte und an die fremdsprachlichen
Kenntnisse der Anwesenden hielt, als sie behauptete,
die Sprache der Marsbewohner zu sprechen. Man versteht
auch, wie das Wenige> das sie über Indien oder Marie
Antoinette wußte, in der Exaltation des spiritistischen
Trance sich in ihren Gedanken heranbildete. Es mag in
derselben Weise geschehen sein, wie wenn vergessene und
unvollständige Vorstellungen bei der Ekstase des Genies
plötzlich wieder auftauchen. Wie soll man aber erklären,
daß die Smith 40 Sanskritwörter und Verse in dieser
Sprache diktierte? Etwa damit, daß sie nur einmal in
ihrem Leben und nur auf ganz kurze Zeit den Buchdeckel
einer Sanskritgrammatik gesehen hatte ?•
Und an anderem Orte sagt Lombroso: „'Spricht ein
Medium im Trance chinesisch oder hawaiisch in Anwesenheit
von Personen, von denen keiner diese Sprachen
kennt, so kann man doch nicht von „Unterbewußtsein*
sprechen, denn dieses muß doch stets auf frühere Kenntnisse
des Mediums oder der Anwesenden zurückgehen.*
Dasselbe gilt von der Kryptomnesie. Lombroso führt nun
einige Beispiele von Kryptomnesie an und sagt zum Schluß:
„Wenn aber jemand die letzte Zeile der letzen Seite eines
Buches angibt, das in einer bestimmten Reihe des Bücher-
borts steht — eines Buches, dessen Titel er nicht einmal
kennt —, wenn jemand, der von alF diesen Sachen nichts
weiß, den Namen eines Mannes Gray, der 1628 lebte, offen-
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