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702 Psych. Stud. XXXVIII. Jahrg. 12. Heft. (Dezember 1911.)
sich berechtigt glauben, ein apodiktisches Urteil in die
Öffentlichkeit zu senden und Dinge zu behaupten, welche
die Wahrheit auf den Kopf stellen; wenn sie es wagen,
mit den Kiesenproblemen, an welche Männer wie Crookes,
JRichet, Morselli, Lombroso, du Prel und viele andere Gelehrte
ihre beste Kraft vergeblich gewendet haben, zu
spielen und sie schließlich mit Erklärungen abzutun, die, gelinde
gesagt, absurd sind. Ein krasses Beispiel solcher
Veröffentlichung finden wir in dem Ok'oberheft 1911 der
Zeitschrift: „N a t u r u n d Ku 11 urÄ in einem Artikel von Dr.
Max Ettlinger über „Spiritismus und Taschenspieler
eitf.
Zuerst wird die alte Geschichte des 2000 Frcs.-Preises,
welchen Gust. leBon 1909 stiftete, wieder aufgewärmt, aber
— und dies ist bedauerlich — nur unvollkommen wiedergegeben
. Dr. E. sagt, der Preis sei „dem Medium ausgesetzt
, das imstande wTäre, am hellichten Tag einen auf
einen Tisch gestellten Gegenstand zu heben, ohne ihn zu
berühren" und nennt dies „ein in spiritistischen Sitzungen
tausendfach vorgeführtes Experiment*. Dies
ist ein großer Irrtum! Das Phänomen, einen kleinen
Gegenstand, wie Dr. le Bon bestimmt hatte, „eine Kugel oder
einen Würfel" ohne Berührung zu bewegen, ist außerordentlich
schwierig zu erhalten. „Ich beschäftige mich,"
sagt diesbezüglich Vesme, der bekannte Chef der Schrift-
leitung der „Annales des Sciences Psychiques",*) des unstreitig
ersten Journals der wissenschaftlichen okkultistischen
Forschung, „mit dem Mediumismus wenigstens
20 Jahre und ich habe es nie gesehen !* Vesme bespricht
ausführlich dieses 2000 Francs - Preis - Angebot und weist
scherzend nach, wie wenig G. le Bon mit dem Mediumismus
und den Phänomenen vertraut ist. „Was das Licht
betrifft," sagt Vesme u. a., „so findet man es begreiflich,
daß manche Leute die Bedingung der Dunkelheit oder des
gedämpften Lichtes zur Erzeugung der mediumistischen
Phänomene physikalischer Natur für seltsam und verdächtig
ansehen, aber dies ist nicht mehr zu verstehen, wenn
ein Gelehrter sich dieser Ansicht anschließt, ein Gelehrter
, der doch wissen muß, daß man die Bedingungen,
unter welchen das oder jenes Phänomen sich zeigt oder
nicht zeigt, nicht willkürlich bestimmen kann." Es fehlt
hier der Baum, weiter auf die Sache einzugehen. Der geehrte
Leser, welcher sich die Mühe nimmt, die von mir in
*) „Annales des Sc. Ps.", 1908, Nr. 10—11; vergl. „ÜbersinnL
Welt", 1908, S. 329.
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