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Peter: Th. Flournoy's „Esprits et Mediums".
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geistreich, allein sie erklärt nichts. Prof. Flournoy sagt:
„Man sieht nicht, warum bei diesen unbeständigen und nur
skizzierten Unterpersonalitäten das Gefühl der geringeren
Wirklichkeit, der UnVollkommenheit, der unvollständigen
und fragwürdigen Existenz die Idee und die Behauptung
schafft, schon gelebt zu haben, anstatt noch nicht gelebt
zu haben etc.* — Ich habe die Theorie nur angeführt, um
zu zeigen, zu welch' abenteuerlichen Hypothesen man greift,
um nur nicht der gefürchteten spiritistischen Theorie Konzessionen
machen zu müssen. Prof. Flournov kommt zum
Schlüsse auf den manchmal supranormalen Charakter des
Inhaltes der mediumistisch erhaltenen Mitteilungen zu
sprechen und gesteht zu, daß nicht alles durch die gegenwärtige
Wissenschaft erklärt werden kann. Ob man deshalb
die „Geister der Desinkarnierten* zu Hilfe nehmen
muß, ist eine audere Frage. „Vielleicht* sagt Flournoy,
enden die metapsychischen Forschungen damit, daß sie den
Spiritisten Recht geben. Ich bin indes über zwei Punkte
erstaunt, weiche nicht dafür sprechen. Vor allem ist es
die Tatsache, daß in vielen Fällen die supranormaleu Manifestationen
Fähigkeiten zu offenbaren scheinen, welche sicher
noch sehr geheimnisvoll sind, aber doch den Lebenden
(den Inkarnierten) eigen sind, die nur in besonderen Zuständen
ihrer Personalität darüber verfügen. Telepathie,
die Exteriorisation der Bewegungskraft („motricit^"), die
Materialisationen, Hellsehen etc., all dies scheint mit unserer
Natur zusammenzuhängen, wTenn es auch nur bei gewissen
Individuen und unter ganz besonderen psychophysiologischen
Bedingungen (Somnambulismus etc.) in die Erscheinung tritt.
Dies schließt nicht aus, daß auch die Geister der Toten
diese Vorzüge genießen; nur wird es in dem Moment, in
dem es nicht mehr ihr Monopol ist, viel schwieriger, ihre
Anwesenheit in Fällen solcher Art zu behaupten. Mit
anderen Worten: ehe man wagt auf die Desinkarnierten
zu schließen, müßte man unsere eigene Natur mit all ihren
Quellen und möglichen Schlingen viel gründlicher kennen,
und wir sind hiervon so weit entfernt, daß man sich fragen
kann, ob nicht die wirklich wissenschaftliche Feststellung
des Spiritismus ad calendas graecas verschoben ist!" — Der
zweite Punkt, der Flournoy zweifeln läßt, ob die supranor-
raalen Phänomene uns die endgiltige Einsetzung des Spiritismus
bringen, besteht in der Tatsache, daß viele Gelehrte,
welche diese Phänomene eingehend studiert haben, sich immer
mehr von der spiritistischen Hypothese entfernen, je
tiefer sie in diese Forschungen eindringen. Als Beispiel
wird Mr. William James genannt. „Dieser Gelehrte hat
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