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724 Psych. Bind. XXXVIII. Jahrg. 12. Heft (Dezember 1911.)
mehr als irgend einer auf die Notwendigkeit hingewiesen,
das Studium des Supranormalen zu verfolgen, in der festen
(Jeberzeugung, daß dieses geheimnisvolle Gebiet noch ungeahnte
Dinge in sich berge und uns wahrscheinlich riesige
Entdeckungen über den Bau des Universums aufbewahre.
Dennoch gibt er weder die spiritistische, noch die wissenschaftliche
Hypothese zu, welche jenen Tatsachen jeden
objektiven Wert abspricht."
Dies ist freilich ein schwacher Beweis. Prof. Flournoy
fühlt dies auch und sagt selbst, daß man ebenso berühmte
Gelehrte für die spiritistische Hypothese anführen kann,
z. B. Lombroso. Aber er findet, „daß gerade der Mangel
an Uebereinstimmung unter den besten Metapsychikern
mindestens beweise, daß die spiritistische Hypothese weit
entfernt ist, aus den Tatsachen mit jener Evidenz und
Sicherheit hervorzugehen, wie es die Adepten des Spiritismus
behaupten/ (Schluß folgt.)
Ist es möglich, das logische Bedürfnis, das die
moderne Seele zur Wissenschaft hinzieht,
und das psychologische Bedürfnis, das sie
zum Glauben führt, in einer höheren Synthese
zu vereinigen?
Voü Dr. med. Bernhard Meißner, Wilmersdorf bei Berlin.
(Fortsetzung von Seite 66S.)
Daß es auch noch ein geistiges oder seelisches und
moralisches Wohl des Menschen gibt, das ebenso der Befriedigung
bedarf, wenn der Mensch in seinem wahren
Wesen nicht verkümmern soll, das konnten unsere christlichen
Priester, Geistliche und überhaupt Prediger und
"Verkündiger Gottes und Jesu Christi, als sie selbst mit der
Vergrößerung ihrer Diözesen immer einflußreicher auf die
Menge und immer angesehener wurden, bald nicht mehr begreifen
; denn sie kümmerten sich bald gar nicht mehr so sehr,
wie es doch hätte sein sollen, wenn sie wahre Prediger
Gottes und Jesu Christi gewesen wären, uro die strikte Befolgung
der Gebote Christi, die Gottes Gebote sein sollten,
als vielmehr um eine sehr nutzlose Definierung der Begriffe,
die man an die Person Jesu Christi, des Stifters der nach
ihm genannten Religionsideen über Gott, als des „wahren
und leibhaften Sohnes Gottes" zur Beherzigung für das
ganze Volk geknüpft wissen wollte, eine sehr überflüssige
Sorge! Mag die Geistlichkeit eine Zeitlang, als die christ-
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