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Korf: Was wird aus uns nach dem Tode?
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seits der trostreichen Weltanschauung des gesamten Spiritualismus
ergeben.
Die Verneinung der unsterblichen Seele muß — wenn
die Monisten es auch noch so oft mit Entrüstung zurückweisen
— naturnotwendig dahin führen, daß das Verantwortungsgefühl
in immer weiteren Volkskreisen verkümmert
und eine brutale Ausbeutung des Lebens in materialistisch-
egoistischem Sinne immer mehr um sich greift. Zeige mir
einer den Idealmenschen unter den Materialisten, der felsenfest
an dies eine sichtbare Leben im Stoff glaubt und
das Ich mit der Hülle begraben wähnt, und der nicht mit
allen ihm erlaubten bezw. erlaubt dünkenden Mitteln nach
seinem persönlichen Vorteil unbekümmert um das Leid
seines STebenmenschen — trachtet. Nur die Scheu vop
den irdischen Strafen kann ihn in den Grenzen halten, durch
welche andere vor ihm geschützt sind.
Anders der überzeugte und ehrliche Spiritualist, der
sich verantwortlich für alle Handlungen weiß, weil jede
Handlung die Saat für das kommende Schicksal des Menschen
ist. Man beliebt es so darzustellen, daß dies auch
Egoismus sei; — jedenfalls hat aber unter diesem „Egoismus
* niemand zu leiden und durch ihn wird niemand geschädigt
. —
Aus dem Vortrag vdes Herrn Kessemeier sind noch
folgende Leitsätze erwähnenswert für einen größeren Kreis
von Lesern: 1. Alle Menschen ausnahmslos haben den Trieb
zum Glück in sich; folglich ist es ihre Bestimmung, glücklich
zu sein. 2. Materielle Güter bedingen nicht das Glück;
denn ein Tagelöhner kann in seinen einfachen Verhältnissen
glücklich sein, ein Reicher in Glanz und Uberfluß unglücklich
. 3. Weil es ein Glück gibt, muß es eine Quelle des
Glücks geben und diese liegt im Universum. 4. Der Mensch
besteht aus Körper und Geist. Der Geist wird nicht mit
dem Körper geboren oder erzeugt, sondern er besteht schon
vor der Geburt. Er bewohnt den Körper, so lange dieser
bewohnbar ist; wird die Wohnung morsch, so muß sie der
Geist verlassen. Die Wohnung zerfällt; der Geist bleibt,
er ist unzerstörbar. 5. Der Geist ist das denkende und
gestaltende Prinzip; er kann die vorhandene Materie umformen
, sie in ihre Bestandteile auflösen und wieder zusammensetzen
. Je höher der Geist in moralischer Beziehung
entwickelt ist, desto wirksamer ist er.
Aus all diesem folgt: 1. Da der Geist umformen und
gestalten kann, so kann er nicht aus der Materie entstanden
sein, sondern er muß über ihr stehen. 2. Da alle Gegenstände
, mit denen sich der Mensch umgibt, ihre Entstehungs-
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