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Peter: Oberst de Rochas' neuestes Werk: „Les vi es suecessives." 3
sind: gewisse Kinder sind lasterhaft, andere haben Empfindung
für Ehrlichkeit und Rechtlichkeit und das Milieu,
in welchem sie geboren und erzogen sind, genügt nicht immer
zur Erklärung jener Verschiedenheit. Es ist also von Anbeginn
des Lebens eine Ungleichheit des moralischen Niveaus
vorhanden, die mit dem Menschen wächst und bei Annahme
der Hypothese (von der gleichzeitigen Erzeugung von Seele
und Leib) unerklärlich bleibt*.—Was nun die Eei'nkar-
n atio n (d. h. die Aufeinanderfolge mehrerer Leben) betrifft,
so sehen wir in Victor Hugo einen eifrigen Verteidiger
dieser Theorie: „Das Grab ist keine Sackgasse, es ist eine
fortführende Straße; es schließt sich bei der Dämmerung
und öffnet sich wieder bei Tagesanbruch !*
Der bekannte okkultistische Forscher Sir Oliver Lodge
sagt: „Der Gedanke, daß wir in der Vergangenheit existiert,
haben und in der Zukunft sein werden, ist so alt wiePlato*.
Lodge ist der Ansicht, daß die Totalität unseres Wesens
nie vollständig inkarniert ist. Bei der Geburt wird nur
ein kleiner Teil hierzu berufen; je größer der Körper wird,
desto mehr kann er aufnehmen*); mehr und mehr wird
sich von dem ganzen Ich in unseren Körper eingießen
l^infiltrer"), manchmal mehr, manchmal weniger. Wenn viel,
so sagen wir: „Das ist ein großer Mensch !Ä Wenn nur wenig,
so sagen wir: „Er ist ulfvollständig*. Keiner von uns ist
„komplett". Und wenn der Körper verbraucht ist, so vereinigen
wir uns wieder mit unserem größeren Teil; dann
wird sich ein anderer Teil unsereres Selbst inkarnieren und
so fort. Die verschiedenen Teile unseres großen Ich werden
sich nacheinander mit der Materie für eine bestimmte Zeit
vereinigen, um die Erziehung zu empfangen, welche, wie
es scheint, nicht in anderer Weise erworben werden kann.
Es ist eine Art besonderer Erziehung, welche in jedem
Planeten vor sich geht . . . ,tf „Dies ist kein Wissen, sagt
Lodge, es sind Hypothesen, welche aber auf Tatsachen beruhen
: den Phänomenen des anormalen Gedächtnisses,
der mehrfachen Personalität, dem Trance-Zustande etc.,
Tatsachen, welche noch nicht so sorgfältig studiert sind, wie
es sein sollte, wenn wir auf das große Problem des Lebens
nach dem Tode Licht werfen JL- ... Der Raum ge-
stattet nur diese Andeutung des interessanten Kapitels.
Der II. Teil bringt die Erfahrungen und Beobachtungen
unserer Zeit, welche, ohne das Problem endgültig zu lösen,
*) Lodge vergleicht übrigens das Ich einem Eisberg, yon dem
nur der Gipfel — es wäre unser bewußtes Ich — über die Meeresfläche
emporragt, während der größere Teil, die Basis, im Wasser
schwimmt und je nach den Umständen mehr oder weniger auftaucht.
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