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130 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1912.)
bich nun, theoretisch und praktisch und, wie man nachprüfen kann,
mit gutem Erfolge, die neue Methode im Zeichnen dem Geiste verständlich
und dem Körper geläufig zu machen und so aus dem technischen
Nebenfache, das der Zeichenunterricht bisher war, ein geist-
hildeiidcs, für die Ausrüstung im Lebenskampfe, wie im Lebensgenüsse
unentbehrliches Unterrichtsfach zu gestalten. Leider erlaubt
es der Raum in dieser Zeitschrift nicht, auf Einzelheiten einzugehen
und zu zeigen, wie H. an der Hand cint-s geeigneten Materials die
Leitgedanken seiner Unterrichtspraxis enäutert und rechtfertigt.
Ich kann nur empfehlen, selbst Versuche in dieser Richtung anzustellen
, denn H. ist, wie jeder Einsichtige zugeben wird, der Überzeugung
, daß ein rechter Zeichenunterricht wesentlich dazu beiträgt,
Natur und Kunst zu vermitteln und zu erhöhen. Darum sollte das
Werk, das im Text leicht verständlich gescnrieben ist und seinen
Bildbeigaben mu>tergültige Beispiele für die Praxis der neuen Methode
bietet, nicht nur auf die {Schule beschränkt bleiben, sondern
in jeder naturfrohen und kunstsinnigen Familie Eingang finden.
Arthur Grobe-Wutischky.
Sven Hedin, Von Pol zu Pol. Leipzig, F. A. Brockhaus 1911. 81*2 S.
Preis gel». 3 M.
Das neue Buch des berühmten Forschers ist nach gediegenem Inhalt
und bescheidenem Preis dem Volk und der Jugend gewidmet, und
dabei ein so einzigartiges, in jeder Zeile fesselndes Werk, wie seit den
Tagen Robinson'* kaum eines erschien. Eine Reise um die Welt, um die
östliche Halbkugel der Erde, 70000 Kilometer „fort über das Meer,
hin über die Erde in stürmender Fahrt" mit Sven Hedin als land-
kundigem Führer ist das Leitmotiv dieses Buche* Mit Eisenbahn
und Dampfschiff, zu Pferd und zu Wagen, auf selbstgezimmerter
Fähre und auf dem Rücken des Kamels, kurz mit allen Beförderungsarten
, welche die alte Kulturwelt des Ostens ersonnen hat, führt
ans Hedin von seiner schwedischer» Heimat aus durch Deutschland
Österreich und die Türkei hinein in das unermeßliche Asien. Wir
durchstreifen mit ihm Persien, Tibet, Indien und Ostturkestan, um-
iahren die beiden indischen Halbinseln , legen an den Sundainscln
an, schauen in Australien hinein, besuchen die Hauptstädte Chinas
und Japans, wandern über die Schlachtfelder des Russisch-Japanischen
Krieges und kehren schließlich auf der Transsibirischen Eisenbahn
duren Sibirien und Rußland nach Hause zurück. Welch eine
überraschende Fülle farbenprächtiger Bilder! Auch der Erforscher
geheimer Religionsgebräuehe und magischerVoigänge findet manches
ihm wohl noch neue Material. Der Vielseitigkeit des Stoffes entspricht
eine Virtuosität der Darstellung, die jedes einzelne, in sich
abgeschlossene Kapitel zu einem Kunstwerk gestaltet. Reiseabenteuer
und persönliches Erlebnis wechselt mit novellistischen Episoden
ernster und humoristischer Art; in der Schilderung von Land
und Leuten dreier Erdteile, von Fauna und Flora exotischer Gegenden
zeigt sich auf* neue die Meisterhand; mit unnachahmlicher
Klarheit weiß Hedin grundlegende Probleme der Erdgestaltung und
Naturphänomene dem Verständnis des Laien zu vermitteln und mit
wenigen markigen Strichen von großen Persönlichkeiten und welterschütternden
Ereignissen der Vergangenheit und Gegenwart
Bilder zu entwerfen, die jedes empfängliche Herz für Gewaltiges
und Schönes begeistern müssen. Mit diesem Volksbuch ersten
Ranges (in prächtiger künstlicher Ausstattung mit 35 Textillustrationen
, 8 Vollbildern und 10 Karten) tritt uns einer der größten
Entdeckungsreisenden zugleich als Pädagoge entgegen, dessen Werk
in keinem deutschen Hause fehlen sollte. Fritz Freimar.
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