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168 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 3. Heft. (März 1912.)
also ganz unabhängig von Imoda's Studien erzielte. In
beiden Fällen eine weiße, amorphe (halbflüssige ?) Substanz,
an der man aber schon deutlieh die beginnende Fingerbildung
in Form von breiten, kurzen, Hachen, bandartigen
Pseudopodien erkennen kann. Gerade wegen ihrer Unvoll-
kommenheit — (im Vergleich zu den bis auf den letzten
Strich vollendeten Kopfporträts) — wirkt diese Platte überzeugend
; außerdem ist es viel schwieriger, diese halbfertigen
in der Entwicklung vom Magnesium-Lieht überraschten
Vorgänge nachzumachen, als die fertigen Produkte.
Verfasser hat selbst diese Klasse von Erscheinungen mit
Hilfe eines weißen Handschuhes zu imitieren gesucht; die
Bilder sehen aber ganz anders aus und sind nicht mit den
Leistungen der Medien zu vergleichen. Ohne mich aber
auf ein bestimmtes Urteil binden zu wollen, habe ich
doch von dieser Aufnahme mehr wie von allen anderen
des Irnoda'schen Buches den subjektiven Eindruck der Echt-
aeit empfangen. Was nun die 3 Bilder mit den Händen,
beziehungsweise den plastisch entwickelten Fingern betrifft,
so steht man hier vor der Alternative, entweder ein echtes
mediumistisches Phänomen zu postulieren oder aber einen
groben vorbereiteten Schwindel anzunehmen.
Beachten wir die kleine miniaturhafte Form der 3
am 9. April in Richens Gegenwart photographierten und
deutlich mit Nägeln versehenen Finger, von denen
2 rätselhafterweis/ aus der VorhangfläW herausragen,
während der 3. mit einem Ring an der 1. Phalanx am
Rande des Stoffes zum Vorschein kommt. Das ganze
Gebilde ist nicht größer als die Nase Linda's. Auch die
am 19. April bei Richet in Paris aufgenommenen Finger
sind nur in halber Lebensgröße, aber doch in der Plastik,
der Form und Linienführung, namentlich an den Gelenken
zu scharf charakterisiert, um als Finger eines Kindes
angesprochen werden zu können. Damit vergleiche man
die Aufnahme vom 21. September 1908 mit der Miniaturhand
, die den ganzen Handrücken und die außerordentlich
fein und zart entwickelte Gliederung der Finger erkennen
läßt. Die Hand hebt den Zeigefinger empor! — Wie sind
diese Erscheinungen zu erklären? Die Hypothese eines
groben Schwindels setzt voraus, daß Linda sich diese unendlich
fein modellierten Formen, von denen keine einzige
Lebensgröße zeigt, aus Wachs oder anderer Masse
hat herstellen lassen, um sie dann in der Sitzung am
Vorhang zu befestigen. Angenommen es wäre so, so
hätten wir damit weder die in der Luft gleichzeitig photo-
graphierte Masse (am 11. September 1908, wenn es sich
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