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188 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 3. Heft. (März 1912.)
nicht, was glaubwürdige Zeugen berichten. Wahrhaft
überzeugt sein aber kann ich nur von dem, was ich
zufällig selbst erfahren und erlebt. In einer selbst erlebten
Tatsache dieser Art hat er eine Bürgschaft der Möglichkeit
wenigstens der analogen Erscheinungen. In diesem
Falle befinde ich mich selbst. Tch habe mein eigenes,
absolut beweiskräftiges Erlebnis aus dem Gebiete des Hellsehens
, mitgeteilt in meiner „Prosa" unter der Uberschrift:
„Was mir bei einer Hellseherin begegnete."" — Gegen die
spiritistische Hypothese sträubt siel. Hamerling; eher
könnte er sich „mit der Idee von natürlichen Kobolden
befreunden, Zwittergeschöpfen und Elementargeistern, wie
sie die Sage kennt, welchen der aus allen Zeiten und von
den verschiedensten Orten her berichtete, kaum mehr abzuleugnende
Spuk zugeschrieben werden könnte." Gleichwohl
schreibt Hamerling in bemerkenswerter Weise: ,.Es
ließe sich immerhin die Möglichkeit von lebenden Wesen
denken, deren Leiblichkeit dünner wäre, als die atmosphärische
Luft. Für andere Weltkörper wenigstens hat die
Annahme solcher Wesen nichts gegen sich. Wesen von so
geringer Dichte der Leiblichkeit würden für uns, als unsichtbar
, ganz dem entsprechen, was wir „Geister" zu
nennen pflegen. Desgleichen dem, was man als „Seelenhäute
", nach dem Tode des Individuums noch fortlebende
„Ätherleiber" bezeichnet/
Was nun das im Buche „Prosa" mitgeteilte, „absolut
beweiskräftige" Erlebnis bei einer Hellseherin anlangt, so
übergab Hamerling einer in den 60 er Jahren des vorigen
Jahrhunderts in Triest öffentlich aufgetretenen Hellseherin
ein wohlverschnürtes Schächtelchen, in welchem er — ohne
irgend jemand davon Mitteilung zu machen — eine an
einem Stückchen Papier befestigte Haarflechte eines vier
Jahre vorher verstorbenen Mädchens befestigt hatte. Das
Schächtelchen wurde mit anderen Gegenständen auf einen
Teller gelegt. „Der Magnetiseur — berichtet Hamerling
wörtlich — reichte der Somnambule den Teller und sie tat
einen Griff hinein, um einen von den Gegenständen zu
nehmen und zu bestimmen. Da kam ihr mein Schächtelchen
unter die Hände. Aber kaum hatten ihre Finger
dasselbe berührt, so warf sie es mit Heftigkeit von sich.
Sie nahm Anderes vor, bestimmte den Inhalt verschiedener
Brieftaschen usw., ohne auf mein Schächtelchen zurückzukommen
. Was ich fürchtete, geschah: das Publikum bekam
die Sache satt, schrie, bevor alle Objekte an die Reihe
gekommen: „Basta, basta!" und verlangte den Übergang
zu einer anderen Nummer des Programms. Die Gegen-
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