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206 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 4. Heft (April 1912.)
Es ist mir eine Genugtuung, hierzu einige Sätze gerade aus
dem Aufsatze ^Kant und Swedenborg44 herzustellen. Da
sagt du Prel: „Wie verhält sieh aber diese Seele, der \m>
unbewußte Teil unserer Seele, zu den anderen Seelen /
Sollen wir annehmen, sie sei ein von allen übrigen
Seelen isoliertes psychisches Atom? Soll sie etwa gar
kein Bewußtsein haben oder soll sie, w*e die Theo^ophen
nieinen, im Devachan schlaftrunken herumtorkeln, bis ^ie
endlich nach zahllosen Wiedergeburten glücklich ins Nirwana
hineintorkelt ?*) Aus dem Begriffe des Fernsehens folgt,
daß die Seele ein übersinnliches Wesen ist, daß sie ein
Bewußtsein sui generis hat, ja daß ausnahmsweise dieses
Bewußtsein für die andere körperliche Wesenshälfte
Gehirn Vorstellung werden kann, und es wäre ganz ungereimt
anzunehmen, daß dieses Bewußtsein sich zwar über die übersinnliche
Naturordnung ausbreiten, aber von den übrigen
Bewohnern der übersinnlichen Welt nichts wissen sollte.
Aus dem Begriffe des Fernsehens folgt also, daß die übersinnlichen
Wesen unter sich ebensogut in Verbindung stehen
wrie die irdischen. In der übersinnlichen Welt gibt es < ine
Gemeinschaft der Geist e r. Wir stehen nun aber
schon zu Lebzeiten mit der einen Wesenshälfte im
Geisterreiche, also in Gemeinschaft mit andeien Geistern.
Das Geist erreich ist also der gemeinschaftliche
Ort für die Verstorbenen und für die jenseitigen
Wesenshälften der irdischen Geschöpfe.44
Damit wird ausgesprochen, daß unser eingeengtes
irdisches Bewnßtseinslicht von dem ungleich strahlenderen
Bewußtseinslichtkreise, der es als sein wahrer Lichtquell
umspannt, in seiner Befangenheit geblendet wird und nur
ausnahmsweise unter seiner Helle in einen bewußten Verkehr
mit anderen Geistern eintritt, obschon die Berührung mit
der gesamten Geisterwelt schon im Diesseits unausgesetzt
besteht, da das irdische Ich unauflöslich in seiner transzendentalen
Wesenheit wurzelt. Du Prel stützt sich bei
dieser Gelegenheit, wie sonst, auf das „transszendentale
Subjekt44 nach der Lehre Kants, indem er wieder
*) Hierbei ist anzumerken, dali der indiseh-theosophisehe Standpunkt
, der auch in der Seligkeit de>* Jenseits eine isolierte subjektive
Träumerei der Seelen mit einem Denken ohne Handeln und ohne
Entwickelung, die eben einzig zugleich mit einem Tatwirken sieh
vollziehen kann, sich vorstellen will, während alles Handeln. Sichentwickeln
und damit echte Sein in das fleischliche Leben mit seineu
fortwährenden Eei'nkarnationen verlebt wird, für du Frei unerquicklich
und undenkbar war. Nur wo wirkendes Handeln ist, da m
auch wahre unausgesetzte Selbstentwiekelung und Selbstgewinnung
wahres Leben und wahre Glückseligkeit.
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