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210 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 4. Heft. (April 1912.)
minalen Kegion zustande kommen und die letztere infolge
eines innigeren Verhältnisses mit dem Kosmos über einen
nahezu universalen Tdeenschatz verfügt. In manchen der
durch die Gedankenexteriorisation bewirkten Phänomene
offenbart sich das Vermögen der Ideenbildung, indem es
selbe plastisch verwirklicht, geradezu als göttliche Schöpfungskraft
, was zur Vermutung Anlaß geben könnte, daß
das Vorstellungs - und Denkvermögen nichts anderes ist,
als die durch die Schranken der individuellen Organisation
In ihrer unmittelbaren Wirksamkeit gehemmte und auf die
subjektive Sphäre verwiesene schöpferische Naturkraft, in
welcher Ansicht man sich auch noch bestärkt fühlt, wenn
man den kosmischen Charakter der übrigen subliminalen
Kräfte und Fähigkeiten in Betracht zieht. Außerdem gewähren
uns diese Phänomene einen Einblick in die innere
Werkstätte des Denkens und lassen uns erkennen, daß der
Gedanke keineswegs das reine Abstraktum ist, wozu ihn
die Philosophie gemacht hat, sondern etwas durchaus
Reales, nämlich ein vermöge der Wirksamkeit jener
schöpferischen Kraft in einem äußerst subtilen und eindrucksfähigen
Medium ausgeprägtes Gebilde. Die den
Denkprozeß begleitenden molekularen Veränderungen sind
vielleicht nur eine Folge solcher in einem ätherischen
Medium stattfindender innerer Vorgänge. Die Hypothese,
welche durch die hier vertretene die meiste Beeinträchtigung
erfahren dürfte, ist die spiritistische. Jene mehr oder
weniger verstoffliehten, menschenähnlichen Gebilde, welche
der Spiritismus als Geister bezeichnet, sind in Wirklichkeit
nichts anderes als von Geistern projizierte Gedanken, wobei
es eine offene Frage bleibt, die von Fall zu Fall zu
entscheiden ist, ob sie dieser oder irgend einer anderen
Daseinsform angehören. Wie keine Wirkung ohne ihre
Ursache, so kann es auch keine Gedankenprojektionen ohne
ihren Projektor geben und, falls sie auch nach dessen leiblichem
Tod noch stattfinden sollten, so sieht man sich zu
der Annahme genötigt, daß jener entweder nicht wirklich
gestorben ist, sondern sich nur in einem todähnlichen Zustande
befindet, in dem er solche Wirkungen hervorbringt,
oder daß die wirkende Wesenheit durch den Tod nicht zerstört
worden ist. Bei der Identifizierung von Persönlichkeiten
aus der äußeren Erscheinung der Phantome sollte
man sich stets vergegenwärtigen, daß das Phantom, sollte
seine Darstellung auch noch so lebenswahr sein, nicht
selbst eine Persönlichkeit ist, sondern nur das ephemere
Produkt einer solchen. In Erwägung der Tatsache, daß
die Projektionen, welche man sich genötigt sieht, auf das
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