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Kaindl: Gespenstergeschichte aus der französischen Revolution. 215
walt, eidolomagisch zu erscheinen [d. h. ihre prophetischen
Gedanken örtlich zu projizieren und zu verstofflichen
. A. K.] und zu wirken. Und so möchte ich glauben,
daß jene gewaltigen und bedrohlichen Frauengestalten, die
in ihrer Erscheinung das natürlich Menschliche überragten,
die ekstatisch hervorgetretenen, geisterhaften Selbstdarstellungen
solcher Prophetinnen uud Magierinnen gewesen.* *)
(Fortsetzung folgt.)
Eine Gespenstergeschichte aus der Zeit der
französischen Revolution.
Von Alois Kaindl (Linz a. D.).**)
„Nur wer jede, auch die am besten
gestätzte Theorie, aufzugeben bereit ist,
wenn eine einzige Tatsache sich durch
sie nicht erklären läßt, nur der denkt
wissenschaftlich frei."
Dr. Max Kemmerich,
„Prophezeiungen".
Unter der Überzeugung, daß es gerade die mit unserem
gegenwärtigen Wissen in schroffstem Widerspruche stehenden
Phänomene sind, deren Erforschung zu einer Erweiterung
unserer Erkenntnis am meisten beiträgt, will ich aus
den uns aus der Vergangenheit überlieferten Spukgeschichten
absichtlich« eine herausgreifen, worin es sich
um Erscheinungen handelt, die, weil die rationalistische
Erklärungsweise bei ihnen versagt, von den Vertretern der
Zunftwissenschaft am ängstlichsten gemieden oder am
meisten fanatisch geleugnet werden.
*) 8 Prof. G. Fr. Daumer: „Das Geisterreicb," II. Bd., 8. 5.
**) Der sehr geschätzte Herr Verf. schrieb uds hierzu, dat. Linz
a D., 19. IX. 11): „Obige Spukgeschichte ist insofern von Interesse,
aln ich dafür in Papon's „Französische Revolution" scheinbar eine
historische Bestätigung für die Aussagen des darin auftretenden
Phantoms gefunden habe. Dieser Gegenstand erschiene daher einer
Revision, welche vielleicht die einschlägigen französischen Zeitschriften
anregen könnten, wohl wert. Absolut sicher ist ja der
Identitätsbeweis auch in diesem Falle nicht, aber doch höchst merkwürdig
. Das Phantom gibt an, bei Lebzeiten in Paris ein Bäcker
namens Francois gewesen und dort bei einem der ersten Tumulte
ermordet worden zu sein, und in dem angeführten Werke findet
sich auf S. 345 des ersten Bandes folgende Stelle: „Das Raubgesindel
ermordete am 21. Oktober mitten unter einer Bürger-Miliz
von 30 000 Mann, einen Bäcker namens Francoin und trug seinen
Kopf auf einer Picke bis an die Schwelle der National-Versammlung
. Das ist doch immerhin eine unerwartete Bestätigung." —
Auch wir wären für weitere Nachforschungen Sachkundiger dankbar
. — Red.
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