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298 Psychische Studien. XXXIX. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1912.)
Transzendentalgefühl annehmen, das jenem Bewußtsein entspräche
, und das im Menschen auftritt (bei moralischen
Individuen, Asketen etc.), ohne daß seine Voraussetzung,
eben das Transzendentalbewußtsein, in diesem Augenblick
in den Bereich menschlicher Wahrnehmung tritt Wir
müßten dann freilich annehmen, daß derjenige, bei dem
jenes Transzendentalbewußtsein auftritt (der z. B. ein zeitliches
oder räumliches Ereignis „ schaut M in diesem Momente
meist jenes angegebene Gefühl hat, was nicht erwiesen, ja
nicht einmal wahrscheinlich ist; es läge aber nahe, auch hier
gewisse Grade von Gefühl und Bewußtsein, dazu äußere
Einflüsse u. a. zu unterscheiden.
Ich habe hier den Versuch gemacht, wie schon erwähnt,
auf hypothetischem Wege die hier in Betracht kommenden
Faktoren zu einem größeren Ganzen zu vereinigen; die
wissenschaftliche Forschung wird in Zukunft ohne Zweifel
noch manches Licht in dieses Dunkel bringen. Eins w erden
wir freilich nicht vergessen dürfen: auch der Spiritismus
ist nicht ohne weiteres imstande, eine vernunftgemäße
Antwwt auf alle die Welträtsel zu geben, die heute noch
ebenso ungelöst sind wie vor zwei oder drei Jahrtausonden.
Aber eiis können wir doch sagen: die Anschauung, die in
der Welt einen ungeheuren Entwicklungsprozeß sieht, dem
auch wir unterworfen sind, verdrängt immer mehr diejenige,
die sich diese Umbildung plötzlich und katastrophenartig
vorstellt (Judentum, Stoa, Urchristentum): vielleicht wird
auch der Spiritismus dazu beitragen, jene Ansicht von einem
höheren Standpunkt aus zu bestätigen, und das Wort in
gewisser Hinsicht wahr erscheinen, was Xenophanes fünfhundert
Jahre vor Christi Geburt gesprochen hat.
„Nicht doch zeigten von Anfang die Götter den Sterblichen
alles,
Sondern sie suchen es selbst alimählich und finden es
besser/
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