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Meißner: Das logische Bedürfnis in höh. Synthese zu vereinigen. 299
Ist es möglich, das logische Bedürfnis, das die
moderne Seele zur Wissenschaft hinzieht,
und das psychologische Bedürfnis, das sie
zum Glauben führt, in einer höheren Synthese
zu vereinigen?
Von Dr. med. Bernhard Meißner, Wilmersdorf hei Berlin.
(Fortsetzung von Seite 236.)
Daß das einzelne menschliche Individuum den Körpertod
zu überdauern wohl fähig ist, das konnten ohne Zweifel
schon die Beobachtungen an in tief somnambulen Zuständen
lebenden oder zeitweilig befindlichen Menschen, bei denen
das Gehirnleben vollständig ausgeschaltet war und nur ein
schwaches vegetatives Leben bestand, den Forscher vermuten
lassen; wie rege konnte da die sozusagen im Unterbewußtsein
, bezw. im Unbewußten des sonst tagwachen Menschen
sich betätigende Seele, bezw. der Geist werden: über weite
irdische Fernen hinaus konnte letzterer wandern, und von
der Schwere des Stoffkörpers entlastet sogar in eine noch
erst bevorstehende Zukunft mit Erfolg schauen, nicht zu
schweigen von der Tatsache, daß in solchem Zustande dem
Geiste es leicht wird, den vorher nicht gekannten Inhalt
eines fest verschlossenen Briefes zu lesen und in sonst verschlossene
Behälter bequemer hineinzuschauen, als wenn
der Arzt mit Hilfe von Röntgenstrahlen eine Geschwulst
im Leibe eines Kranken in Bezug auf Lage und Größe
feststellen wollte.
In dieser Beziehung können hellsehende und hellfühlende
Personen vermöge der ihnen zu Gebote stehenden
okkulten Kräfte oft Außerordentliches leisten. Wenn
somnambule Personen im tiefsten Schlafzustande die Lage
ihrer ganzen Organe im Innern ihres Körpers genau
beschreiben können und es trifft die Richtigkeit ihrer Beschreibung
und die Richtigkeit der Mittel, die sie sich als
einzig mögliche Heilmittel oder wenigstens Linderungsmittel
selber oder anderen, deren körperliche Beschaffenheit
sie durchschauen, verordnen, völlig zu, dann ist das doch
der sicherste Beweis dafür, daß der Geist des Menschen in
seinen Tätigkeitsäußerungen nicht unbedingt an die Funktionen
eines Gehirnes gebunden ist, daß er samt der Seele
ein selbständiges, für sich eigenes Ding und lebendes
Wesen ist! Und die vielfältigsten Beobachtungen und Experimente
haben es uns auch bewiesen, daß dies gar nicht
anders sein kann, daß, was schon alte griechische Weise
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