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Pelman: Swedenborg — ein Verrückter ? 305
geben brauchte, weil sie nicht diesem normalen menschlichen
Verstände, also nach ihrer Meinung dem einzigen
richtigen Wertmesser für alle Dinge, dem stofflichen Gehirn
in seiner normalen Tätigkeit, entsprängen. Darum
haben sich derlei Leute schon in alten Zeiten gesträubt,
alle auffallenden, nicht alltäglichen und scheinbar nicht in
die bestehende JNaturordnung passenden Vorgänge mehr
übersinnlicher Art als tatsächlich vorkommend zu bekennen
, sie vielmehr in die Kategorie bloßer Träumereien
des menschlichen Gehirns eingereiht. So haben sie von
vornherein allem und jedem Gottesglauben, jenem Glauben
an eine höhere Macht, die noch über uns walten könnte,
mit den scheinbaren Wundern, auf die sich dieser Glaube
stützte, widerstanden. Alles, was Gläubige als Kundgebungen
der Gottheit annahmen, bei den jüdischen Leviten, bei
den Priestern in Delphi und Dodona, bei den römischen
Angurn, den keltischen und germanischen Eingeweihten,
bei den Brahmapriestern und ßuddhapredigern, sowie bei
der katholisch-christlichen Geistlichkeit mußte eitel Schwindel
oder Ausfluß der Leichtgläubigkeit, bezw. direkten Aberglaubens
sein. (Fortsetzung folgt.)
III. Abteilung.
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Swedenborg ein — Verrückter?*)
Der Bonner Psychiater Professor Dr. Karl Pelman
analysiert in seinem ausgezeichneten Werke „Psychische
Grenzzustände" unter anderem eingehend den Geisteszustand
von Sehern, Propheten und Religionsgründern.
*i Wir entlehnen obiges Referat über ein auch für die Verehrer
Swedenborg's interessantes Urteil eines psychiatrischen Fachmann
» dem „Neuen Wiener Journal*' vom 31. XII. 11. — Daß die
Sehergahe, wie überhaupt die mediumistiscbe Befähigung, Übersinnliches
wahrzunehmen, stet* eine nicht ganz normale
Veranlagung zur Vera ussetzung hat, ist ja schon a priori einleuchtend
und hat si eziell durch den von Lombroso geführten
Nachweis der nahen Verwandtschaft von Gtnie und Wahnsinn eine
neue Beleuchtung erfahren. Die gehaltvollen Ausführungen über
Swedenborg's „Geister\erkebr" in den vorigen Heften können also
durch obiges faehmännibches Urteil in keiner Weise beeinträchtigt
werden. — Red.
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