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Meißner: Das logische Bedürfnis in höh. Synthese zu vereinigen. 359
Ist es möglich, das logische Bedürfnis, das die
moderne Seele zur Wissenschaft hinzieht,
und das psychologische Bedürfnis, das sie
zum Glauben führt, in einer höheren Synthese
zu vereinigen?
Von Dr. med. Bernhard Meißner, Wilmersdorf bei Berlin.
(Fortsetzung von Seite 305.)*)
Daß es im menschlichen Leben auch noch wirklich
vorkommende Vorgänge von fast übernatürlicher Art, die
selbstverständlich nicht wirklich übernatürlich, da das unmöglich
ist, sondern nur übersinnlich sein können, geben
könne, Vorgänge, die eben ins übersinnliche Gebiet des
Menschen eingereiht werden müssen, können sich die Materialisten
bis zum heutigen Tage nicht denken. Und doch
hätten sie sich durch für sie sehr unbequeme Tatsachen,
die gerade in den letzten Jahrzehnten in die Erscheinung
traten, davon, wenn anders sie logische Denker sind, belehren
lassen müssen, daß ihr Wissen vom Menschen, das
eine ihrer Koryphäen, Professor und Excellenz Ernst
Haeckel in Jena, bis zur vollkommensten Erkenntnis des
menschlichen Seins und. Wesens als höchsten Stofferzeugnisses
der waltenden Naturkräfte auf Erden schon gebracht
zu haben vermeint, wirklich nur eitel Stückwerk ist, wie
das ganze menschliche Wissen überhaupt. Denn ist nicht
schon längst wieder die von ihnen aufgestellte Atomlehre
und die Lehre von der Existenz nur einer bestimmten Anzahl
von chemischen Grundstoffen (Elementen) durch brutale
Tatsachen, zum Beispiel durch die Entdeckung des
Kadiums und der radioaktiven Stoffe, fast völlig über den
Haufen geworfen worden, hält man es nicht heute schon
fast für möglich, obschon dies exakten Wissenschaftlern
früher so töricht erschien, aus unedlen Metallen, wie im
Mittelalter durch die Alchymie bewiesen werden sollte, edle
künstlich herzustellen, hat man nicht in der normalen
atmosphärischen Luft außer dem Sauerstoff und dem Stickstoff
schon längst noch neue chemische Elemente als beständige
Begleiter der anderen beiden, und ebenso die Tatsache
entdeckt, daß man flüssige Luft herstellen kann, an deren
Existenz man doch sicherlich früher niemals gedacht hatte?
Die Lehre von den einzelnen Atomen der Körper, als
*) Berichtigung: Im vorigen Heft war zu lesen: 8. 801, Z. 6
v. u.: feinere (st. fernere); auf 8. 303, Z. 18 v. o. ist zu streichen:
„während", ebendort Z. 22 die Worte: „unfaßlieh ist."
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