Freiburger historische Bestände - digital

368 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1912.)

erkennen läßt oder direkt abstreitet, nebenbei aber den
guten Leumund der betroffenen Person erheblich verletzt,
kennzeichnet er sich selbst als Verbrecherpsychologe. Wer
iru Glauben der inneren Uberzeugung spricht und handelt,
braucht sich gegen keine Kritik aufzulehnen, sie muß ihm
erwünscht sein. Alle Worte, welche geeignet sind, Wahrheit
und Recht zu verschleiern, und den guten Ruf von Mitmenschen
besudeln, gehören zur gefährlichsten Tätigkeit
psychologischen Verbrechertums. Im Glauben an gute
Eigenschaften liegt Leben, im Gegenteil der Tod. Wie
eine Person, Sache oder Kraft der Natur in unserem
Glauben an ihre guten Eigenschaften steigt oder fällt, ist
auch dadurch ihre Segen oder Fluch spendende Energie
in Tätigkeit gesetzt. Kräfte der Natur gehen niemals verloren
, sie existieren ewiglich, wohl aber können diese
Energien zum Nutzeu und Schaden der Allgemeinheit durch
Gliuben kontrolliert werden. Alles Übel ist das Produkt
des bösen Willens der Unwahrheit im Glauben. Die Kontrolle
der im Denkprozeß sich entäußernden Energie ist das
Grundprinzip alles Religionswesens. Hier hat der Mensch
Himmel und Hölle zu suchen. Der Glaube in Übereinstimmung
mit den Wahrheiten der Naturgeserze gestattet
eine Irreleitung von Glaubenskräften nicht; jeder Versuch
rächt sich bitter an seinem Urheber durch Verlust an
Lebenskraft. Dem bösen Willen ist es eigen, alle höhere
Eikenntnis im Glauben von Ursache und Wirkung zum
Schaden der Mitmenschen auszunutzen, wozu ein unwahrer
Glauben erzeugt und erhalten wrerden muß. Dieser Glauben
ist die materialistische Tatsachenphilosophie; sie ist die
Ausgeburt des bösen Willens, durch sie ist der Tod in die
Welt gekommen und herrschend geworden. Cn der Wahrheit
liegt das Leben, in der Lüge der Tod. Durch die materialistische
Tatsachenphilosophie ist Wahrheit in Lüge
und Lüge in Wahrheit verwandelt, wroraus sich sehr leicht
erklärt, daß die in den Naturgesetzen des Schöpfungsplans
festgelegte Gerechtigkeit im Glauben vermißt wird. Durch
Irreleitung im Glauben von Ursache und Wirkung wird
eine Verwirrung hervorgerufen, welche Wahrheit und Recht
nicht erkennen läßt.

Jeder Gedanke ist eine lebendige Kraft. Soweit sich
der Denkprozeß in den gegenseitigen persönlichen Beziehungen
bewegt und durch das Wort zur Mitwirkung auf
die Mitmenschen übertragen wird, ist diese Kraft an der
Empfangsstation die schicksalbildende, Leben und Tod,
Erfolg und Erfolglosigkeit dirigierende Energie. Durch
diese Kraft wird das Nervensystem gut oder positiv wirkend