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( loricus: Zum Pbänomm der eingebrannten Hand.
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In der Repositur der Pfarrei Pflochsbach ist nun eine
Tasche von schwarzem | sie! | Wachslein wand deponiert, worin
sich nebst mehren unten zu beschreibenden Dokumenten
das erwähnte leinene Tuchlein befindet mit deutlich eingebrannten
fünf Ungern einer rechten Hand, und zwar,
dem Grössen Verhältnisse nach zu urtheilen, einer zarten,
weiblichen Hand. Die Geschichte dieser Hand ist
folgende:
In der Mitte des vorigen Jahrhunderts lebte im
Schlosse zu Rothenfels der ehrsame Johann Kaspar Rösei
(Röslein), gebüitig von Hopferstadt, als Gärtner bei dem
Oberamtmanne zu Rothenfels, Freiherrn Emmerich Philipp
von Hüttersdorf. Vier Jahre und sieben Monate hatte
Kaspar Röslein gedient, als sein Herr starb und dessen
Hohn, nämlich der Freiherr Adolph von Hettersdorf, Capi-
tular und Custos der adeligen Ritterstifte Komburg und
8. ßurchard zu Würzburg, demselben über Wohlverhalten,
Treue und Fleiß un schriftliches Zeugnis d. d. 12. Februar
1749 ausfertigte, welches Zeugnis in originali beigelegt ist.
AU Schloßgärtner und Thurmwart hatte derselbe auch die
Thurmuhr aufzuziehen und die Sakristandienste in der
Schloßkapelle zu besorgen, worin der Gottesdienst an Sonn-
uiul Feiertagen durch einen Priester der benachbarten
Benediktinerabtei Neustadt gehalten wurde. Wenn er nun
auf dem Thurme am Abende läutete und die Uhr aufzog,
hörte er öfters ein menschliches Ächzen, wodurch er in
Furcht gerieth. Sein Beichtvater, dem er die Sache ei-
öffnete, befahl ihm, er solle, sobald sich die Stimme wieder
hören lasse, sie anreden im Namen der allerheiligsten Dreifaltigkeit
und fragen, was ihr Begehren sey? Er that es
und erhilt von dem Geiste die Antwort, daß er die Erscheinung
einer Seele sey, welche das Gelübde gemacht
habe, t\U armer Pilger nach Rom zu reisen, um dort drei
heilige Messen lesen zu lassen, aber gestorben sey, ohne
ihre Gelübde zu erfüllen, und nun dafür im Reinigungsorte
zu leiden habe.
Kaspar Röslein entschloß sich, nachdem die erschienene
Seele sich also geoffenbart hatte, zum Antritt der Wallfahrt
nach Rom, erhilt zu diesem Zwecke die litteras eommenda-
titias oder formatas durch das fürstbischöfliche General-
vikariat in Würzburg d. d. 1. Mai 1752, welche ebenfalls
in originali beiliegen, und trat seine Wallfahrt an. Im
Gasthau^e zum Anker in Rothenfels erhilt er als armer
Pilger das erste Almosen. In der von ihm selbst geschriebenen
Reiseroute, welche gleichfalls beiliegt, sind die
einzelnen Ortschaften, welche er auf seiner Reise berührte,
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