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Beichel: Ch. Dickens und die Philosophie des Spiritualismus. 407
welche von den Sphären kommt und welche sie gebrauchen
mit der Geschicklichkeit, die Erziehung und Fleiß allein
geben kann
Nun einige Worte über seine Philosophie des
Spiritualismus. Als Charles Dickens am 29. Juni
1870 zum anderen Leben überging, einige Monate nach
seinem 58. Geburtstag, war die psychische Erforschung,
wie wir wissen, noch eine Sache der Zukunft. Im Anfang
des Jahrhunderts hatten Swedenborg und William Blake
ihre Visionen und gaben der Welt inspirierte Schriften.
Im Jahre 1848 bewirkten die in Rochester ertönenden
Klopflaute in Amerika das Erwachen von dem groben
Materialismus, der das 19. Jahrhundert charakterisierte,
aber in England war nichts, was Männer von Verstand
und strengwissenschaftlicher Bildung, wie nachher Sir
Oliver Lodge's, Mr. Stead's, und vieler anderer Werke anziehen
konnte. Gerade die Wissenschaftler waren ja die
ärgsten Materialisten. Jetzt sind in jeder Hand Bände von
führenden Wissenschaftlern, welche zeigen, daß die alte
mechanische Idee der Schöpfung und des Universums einer
der letzten Entdeckungen der Wissenschaft hat weichen
müssen, wonach hauptsächlich feststeht, daß es solch ein
Ding wie eine feste „Materie" überhaupt nicht gibt, sondern
daß die Weltsubstanz eine Anhäufung von Atomen und
Molekülen, bezw. Kraftzentren, in fortwährend vibrierender
Bewegung ist, und daß dahinter eine leitende, primäre und
feinere Kraft sich befindet. Eines der letzten Bücher, das
zeigt, daß exakt-wissenschaftliche und psychische Forschung
sich rapid nähern, ist das von Wm. Mc. Dougall, M. B.
(früher Fellow of St. John?s, Cambridge: Reader in Mental
Philosophy in the University of Oxford). Es heißt „Body
and Mind" (Körper und Geist), eine Geschichte und eine
Verteidigung der Seelenlehre des Animismus, d. h. der Anwesenheit
eines psychischen Faktors, überall wo eine Bewegung
vom Leben sich selbst zu gewissen Endzielen leitet
und solche erreicht. Ein bedeutender Kritiker dieses
Buches sagt in der Londoner Presse: „Zweierlei Glauben
schwindet rapid; einesteils der Glaube an ein übernatürliches
Durchbrechen der Ordnung der Natur, andernteils
der, daß der Mensch nur eine Maschine wäre." Dr. Mac
Dougall beruft sich darauf, daß bereits eine Majorität von
anerkannten Wissenschaftlern auf seiner Seite sei, so daß
der Zukunftsprediger, wenn er die tiefere Idee des Lebens
erklären will, die Stellungnahme der Naturwissenschaft im
Bund mit der Psychologie zur Beligion in Rechnung zu
ziehen hat.
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