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458 Psychische Studien. XXXIX. Jahrg. 8. Heft. (August 1912.)
kraft seines Unterbewußtseins. Dr. Oehorowicz untersuchte
hierauf die Frage, ob es überhaupt möglich wäre, daß eine
lebende LIand, sei sie nun körperlieh oder mit solch gerader
Linie abgeschnitten, erscheinen könne. Er machte
die überraschende Entdeckung, daß diese Erscheinung wohl
möglich sei und dies nur von gewissen Beleuehtungs-
umständen abhänge. Mit einer Beleuchtung, welche zugleich
von zwei Seiten erfolgte, erhielt er einen Abdruck der
Hand des Mediums, der unten in gerader Linie a b-
gesclinifcen erschien. Weitere Versuche, jenes Bild,
das zwei kleine Hände zeigte, mittels Papierausseimitte zu
erzeugen, gaben den klaren Beweis, daß das Phänomen in
künstlicher, also in betrügerischer Weise ni oh t zu erhalten
war. Nur eine Frage bleibt unbeantwortet. „Die drei Abdrücke
der sehr kleinen linken Hand," sagt Dr. Oehorowicz
, „sind in der Form identisch und lassen trotz gewisser
kleiner Verschiedenheiten der Bildung und Beleuchtung
mehr an eine Schablone denken, als an etwas Anderes.
Muß man eine Schablone annehmen, welche der „Double"
hergestellt und benützt hat? Soll man glauben, daß eine
Art psychischer Schablonen in der photographischen ldeo-
plastik existiert? Diese Frage zu lösen soll einer späteren
Versvehsreihe überlassen sein. Leider sind die Schwierigkeiten
der Ausführung groß und jene der richtigen Auslegung
der Ergebnisse noch größer. Hierbei bedauere ich
die Abwesenheit der kleinen „Stasia" lebhaft. Trotz ihrer
Fehler, ihrer Spitzbübereien und Betrügereien war sie mir
so oft von Nutzen. Man konnte offenbar an ihr Wort
nicht glauben, aber sie hatte doch von Zeit zu Zeit so lehrreiche
Einfälle und so originelle und unerwartete Bemerkungen
, daß es immer von Nutzen war, sie um Rat zu fragen.
Cnd jetzt stehe ich allein mit meinem Scharfsinn, der für
dies unerforschte Gebiet gänzlich unzureichend ist, ein Gebiet
, das so geheimnisvoll und voll von Widersprüchen,
man möchte fast sagen, von teuflischen Schlingen ist, die eigens
ausgedacht erscheinen, um das arme menseliliehe Gehirn zu
verwirren! Ich habe schon versucht, irgend einen anderen
„Geist" zu rufen, allein es ist mir nicht gelungen. Wahrscheinlich
unterliegt das Medium dem geistigen Einfluß
meines Skeptizismus und will sich auch nicht unbewußten
Schelmenstreichen aussetzen. Dies war wenigstens mein Gefühl
bei der automatischen Schrift in normalem Zustand:
wenn die Somnambule im Namen „WoytekV oder der
„Kleinen" schrieb, schien es immer, als wenn sie es seilet
wräre, der schreibt, und jetzt kann sie überhaupt nicht mehr
schreiben. Sie sieht und hört keinen Geist und ihr som-
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