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Kaindl: William Stead's Mediuni entlarvt.
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wendigen chemischen Untersuchungen auszuführen, die
Klarheit darüber verschaffen sollten, welche Chemikalien
bei diesen Taschenspielerkunststückchen angewendet wurden.
Diese unter meiner Assistenz vorgenommenen chemischen
V ersuche führten zur Konklusion „Humbug". Als Explosionsstoff
war Kalium angewendet worden. Die von Mrs.
AVriedt benützte Trompete bestand aus drei Teilen, die sich
teleoskopartig ineinanderschieben ließen. Der Apparat zeigte
im ausgezogenen Zustand eine Länge von drei Viertelmeter.
Die große Öffnung war 8 bis 10 Zentimeter wreit, während
die kleine nur 1 Zentimeter maß. Bei den vorgenommenen
chemischen Untersuchungen zeigte es sich, daß der Trichter
aus Aluminium bestand; im Innern des Trichters fand man
weiße Flecken aus Aluminiumoxyd bestehend. Das Metall
des Apparates zeigte keine Beulen oder andere Merkmale,
die darauf hindeuten konnten, daß ein brisanter Sprengstoff
in Anwendung gekommen. Im weiten inwendigen Teil
des Rohres sah man Feuchtigkeit in Form kleiner Wassertropfen
; im engen Teil waren Reste eines klebrigen Stoffes
wahrzunehmen. Bei der mikroskopischen Untersuchung dieses
Stoffes sah man einzelne Körner, die mit Lykopodium
identisch waren, das populär „Hexenmehl" genannt wird. Bekanntlich
hat Lykopodiumpulver verschiedene Anwendungsgebiete
, so in der Pyrotechnik, in der Pharmazie, bei
Taschenkünsten als Blitzpulver. Dieses Hexenmehl hat ja
in der mittelalterlichen Zeit des Aberglaubens keine unbedeutende
Rolle gespielt. Man soll sogar diese Pflanze oft
auf Türen angebracht haben als Mittel gegen Hexerei.
Nach Prof. Birkeland's Erklärung ist es klar, daß die
Bewegung, die der Apparat während der S^ance ausgeführt
hat, einer Explosion zuzuschreiben ist, und es entstand die
Frage, wie Mrs. Wriedt die Explosion eingeleitet hat, und
welcher Explosionsstoff verwendet wurde. Wir dachten da
besonders an zwei Stoffe, deren eigentümliche Eigenschaften
bei gewöhnlichen Chemievorlesungen gezeigt werden, Eigenschaften
, die bis jetzt eigentlich keine praktische Anwendung
gefunden, sich jedoch als sehr brauchbar in der Taschenspielerkunst
erwiesen haben. Diese Stoffe sind der Jodstickstoff
(in der Magie „Jodin" benannt) und das metallische
Kalium. Jodstickstoff zeigt in trockenem Zustand die
Fähigkeit, schon bei der geringsten Berührung, auch nur
mit emer Kielfeder, heftig zu explodieren. In Gegenwart
von Prof. Birkeland, der eine Nachahmung der Mrs. Wriedt-
Trompete aus Aluminium besorgt hat, haben wir einige
Experimente mit Jodstickstoff als Explosionsmittel vorgenommen
. Unter der Wirkung der Explosion begann die
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