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610 Psych. Studien. XXXIX. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1912.)
satz von CO2 und damit von Kraftleistungen zu erzielen. Von
altersher waren die Hauptnahrungs- bezw. Genußmittel des
kultivierten Menschen Brot und Wein (statt geistiger Getränke
auch Früchte). Zu diesen einfacWen^anfungsmitteln
gesellten sieh andere, aus dem Tierreich stammende. Das
Fleisch genoß er in einem Zustand, in dem es leicht in
Verwesung übergeht, gekocht, gebeizt oder durch das
Schlachttier selbst bereitet (Parforcejagden). — Der Wilde
zog diesen leicht CO2 bildenden Nahrungsmitteln andere
vor, die das genannte Gas noch schneller entwickelten, zum
Teil schon enthielten: er trank das warme Blut der getöteten
Tiere und schlürfte deren frisches Mark aus den
Knochen. — Neben dieser schon halb verdauten Nahrung
suchte der Mensch durch weise Ökonomie das rasche Ausströmen
von CO2 zu verhindern durch zweckdienliche
Kleidung. (Jägers Wollregime, Lahmann's Baumwollenkleidung
). Nur Kopf und Hände ließ er frei, um den entweichenden
Lebensstrom nach diesen Zentren körperlichen
und geistigen Arbeitens zu richten. Das Bett diente ihm als
Kleidung für die Nacht, die Wohnung als erweitertes Kleid.
Eine Folge dieser höheren Entwicklung ist eine gewaltige
Entwicklung und Ansammlung von CO2, ohne zu hohe
Erzeugungskosten wie bei Tieren. Durch Anhalten des
Atems wird die CO2 gezwungen, einen andern Ort für
ihren Austritt zu suchen, beim Gehen z. B. durch die Glieder.
(Daß sich die CO2 nach bestimmten Orten dirigieren läßt,
beweist u. a. das Brüten der Vögel, von dem kein Hund
Witterung bekommt, da der Lebensstrom auf die Eier geht.)
Schon beim Gehen zeigt der Mensch dem Tier gegenüber
seine Überlegenheit, den an C O2 gebundenen Strom geschickt
dirigieren zu können. Viele Tiere übertreffen ihn
an Schnelligkeit und Kraft der Bewegung; aber kein Wirbeltier
bewegt sich so sicher und gleichmäßig wie der Mensch.
Und zwar tut er dies auf zwei Beinen. — Den Vogelflug
und das Schwimmen der Fische lasse ich hier außer Betracht
. — Diese Tatsache hängt mit der Entwicklung der
Gehzentren im Gehirn und mit der Bildung von Glykogen
im Menschen zusammen. In der Arbeit der Muskeln verzehrt
sich bekanntlich der Glykogengehalt, und das Produkt
der im Alkohol löslichen Stoffe nimmt zu. Bei andauernder
Arbeit findet zuletzt ein zu starkes Entweichen der CO2
statt; sie entfernt sich unter Schweißbildung, säuerlichem
Geruch u. a. „nervösen* Erscheinungen rasch aus der sie
einschließenden Hülle. Ein ähnlicher Vorgang ist beim
Denken zu bemerken. Da 0 O2 Licht auffängt, müssen
Bilder bei einer Stauung der CO2 im Schädel übermittelt
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