Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 8
(PDF, 209 MB)
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8 Psychische Studien. XXXX. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1913.)

und Menschenlebens nennen — sind so gestellt, daß
ersteres in der Regel die Hauptrolle spielt, ja von
diesem gar nichts weiß oder wissen will,*) doch
aber mehr oder weniger unter dessen Einfluß steht und
ohne dasselbe gar nicht existieren könnte; indem dieser
geheimnisvolle Teil der menschlichen Persönlichkeit mit
seiner tiefen physiologischen Wissenschaft und Kunst
namentlich auch dem Leib und den körperlichen Verrichtungen
vorsteht. Der Mensch präsentiert sich als eine
um so beschränktere Natur und geht ULisomehr in dem
Allgemeinen der Menschengattung auf, je mehr das
gemeine Ich**) in ihm vorherrscht und das mystische
unterdrückt und verleugnet; denn alles Große, Außerordentliche
und Bedeutungsvolle, was der Mensch ist, vermag und
vollbringt, geht aus dem letzteren hervor. Was wir Genie
nennen, was die eigentliche Kraft und Stärke eines außerordentlichen
, bedeutsamen, namentlich mit produktiver
Energie begabten Individuums ausmacht, ist nichts anderes
als eine Manifestation dieses sonst verborgenen Teiles
unserer geistigen Wesenheit. Jeder Mensch, auch der
bornierteste und langweiligste Philister, ist doch im Grunde
ebenfalls Genie; aber das Geniale in ihm ist in dem Grade
latent, als er einen so ordinären Charakter trägt.

Das mystische Ich nimmt ganz speziell gewisse dunkle
Zustände für sich in Anspruch, wie Schlaf, Traum,
Ekstase, somnambules Schlafwachen und Hellsehen
, Scheintod mit innerem Wachsein und
geheimer Lebendigkeit und Seelentätigkeit.
Das gewöhnliche Wachen und Tagleben ist die naturgemäße
Sphäre des gemeinen Ich, welches sich vornehmlich im
äußerlichen, offenen, geräuschvollen Treiben der Welt betätigt
und zu Hause ist. Das Mystische liebt Stille,
Dunkel, Zurückgezogenheit, ist aber in sich selbst unendlich
lichtvoller und lebendiger, als das gemeine, welches
gegen ersteres, so viel schimmernde Verstandeskerzen es

*) S. Lenau, S. 1.
**) „ A11 g m e i n " und „gemein" ist ursprünglich dasselbe,
Ersteres nur eine Verstärkung des Letzteren. Daß aber „gemein"
zum Gegensatz des Besonderen im ausgezeichneten Sinne geworden,
ist sehr beachtenswert. Die Mensehen haben mit einander das G e-
meine gemein, nicht das iSessere, Edlere, Höhere, welches kein
Gemeingut, sondern stets nur das Eigentum von mehr oder weniger
vereinzelt, ja vereinsamt Stehenden ist, Goethe sagt von Schiller:

„Und hinter ihm in wesenlosem Scheine,
Lag, was uns alle bändigt, das Gemeine."

Und er konnte nichts Größeres von ihm sagen.


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