Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 11
(PDF, 209 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0015
Kaindl: Die mystische Psyche ein Doppel-Wesen. 11

werden*) Dem mystischen hat selbst Mord und Tod
nichts an; es ist das Unvergängliche, Ewige in uns.

Wenn das gemeine Ich an keine Fortdauer im Tode
glaubt, so ist dies ganz dem traurigen Abhängigkeitsgefühle
gemäß, worin es lebt und worüber es in seiner Beschränktheit
nicht hinauskommt. Dasselbe ist in der Tat der
sterbliche Teil der menschlichen Persönlichkeit, wie das
mystische der unsterbliche. Wo sich das Letztere hervortut
, da ist sich der Mensch auf das Lebendigste der Un-
zerstörbarbeit seines inneren geistigen Wesens bewußt.

Das gemeine Ich als solches hat überhaupt keine
Religion, keinen Sinn für das Göttliche, keinen Glauben an
das Geister-, Wunder- und Zauberhafte. Denn mit all dem
hängen wir nur durch das mystische Ich zusammen oder
sind vermöge dieser Seite unseres Wesens selbst von
solcher Art; daher ist auch das mystische Ich das eigentlich
gläubige.

Zum Glücke sind wir, wiewohl meist in nur allzu vorherrschendem
und überwiegendem Maße, doch nicht leicht
ganz und gar nur gemeines Ich ohne alle Spur jenes
anderen. Schwächer oder stärker, seltener oder häufiger
spielt das Mysterium unseres Wesens gleichwohl in unser
offenbares Bewußtsein und Leben hinein und macht, das
letzteres nicht völlig trocken, nüchtern, kalt, tot, selbstsüchtig
, seelen- und geistlos ist; ja zuweilen macht es sich
nach langer Unterdrückung auf einmal um so gewaltsamer
geltend und bringt Stimmungen, Äußerungen und Handlungen
seltsamer, ganz unerwarteter, der Welt unbegreiflicher
Art hervor.

Das gemeine Ich weiß und wirkt nur auf natürliche
Weise, d. h mittelbar durch die körperlichen Organe und
den mechanischen, chemischen, physikalischen Gesetzen,
Kräften, Stoffen und Vorgängen der Natur gemäß. Das
ist sein Keich; es zeigt, was es in dieser Beziehung vermag,
besonders in der gegenwärtigen Zeitperiode, die recht
eigentlich sein Welttag ist. Das mystische dagegen weiß
und wirkt wunderbar, seherisch, magisch, d.h.
unmittelbar durch reines, geisterhaftes Anschauen und reine,
keine äußere Vermittlung bedürfende Willenskraft. Wenn
im Tode das Wissen und Wirken des gemeinen Ich aufhört
, so schwindet nicht zugleich auch das des mystischen,
welches vielmehr dann erst zu seiner vollen, ungehinderten
Entfaltung kommt. Die Geisterwelt ist ganz nur ein Eeich

*) „Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?" sagt
Goethe's „Faust".


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0015