http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0034
30 Ps>chisebe Studien. XXXX. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1913.)
Sophie und Persönlichkeit und erörtert alles darauf Bezügliche
; jedenfalls ist es ein Buch, mit dessen Lektüre jeder
beginnen sollte, der die Welt Kant's in sich aufnehmen will.
Wer dann den Grundlagen des Kant'schen Idealismus weiter
nachgehen will, der wird zu der ein wenig schweren, darum
aber nicht weniger anschaulichen Kost greifen, die derselbe
Dr. M. Kronenberg in seiner „Geschichte des deutschen
Idealismus4 (ders. Verlag, München 1909) bereitet hat; das
Werk, das eine zwar aus den Quellen geschöpfte, doch allgemein
verständliche philosophische Begründung jener Blütezeit
deutschen Geisteslebens, wo Lessing, Herder, Goethe,
Schiller, Hölderlin, Novalis und Kant, Fichte, Schelling,
Hegel nebeneinander schufen, jenes echten deutschen Idealismus
geben will, ist auf drei Bände berechnet, von denen
der erste vorliegt. Er führt die idealistische Ideen-Entwicklung
von den Griechen bis zum jungen Kant in glänzendem
Aufbau und prachtvoller Darstellung; es ist ein seltener
Genuß, in dies Werk sich zu versenken. Und schließlich
ein Werk über den Menschen Kant; wir haben aus dem
achtzigjährigen Leben des Philosophen nur 300 Briefe von
ihm: die Hälfte dieser Kant-Briefe hat der Bonner Privatdozent
F. Ohmann kürzlich (im Jnselverlag zu Leipzig) neu
herausgegeben; wir empfehlen diese Ausgabe auf das
dringendste. Sie zeigt uns die Größe von Kant's Persönlichkeit
in ihrer ganzen Eigenart, die den Alltag klein sein
hieß und ihn unterdrückte für die Stunden der Produktion;
Kant hat sich selbst, sein Leben mit unerhörter Selbstzucht
seiner geistigen Aufgabe geopfert; er war als Mensch
prosaisch und bisweilen nüchtern klein, deshalb wird nur
der zu einem vollen Verständnis der Briefe kommen, der
Kant's Größe als Philosoph, der seine Lehre kennt, und
dann wird dies Verständnis von um so reicherem Gewinn sein.
Moderne Traumdeutekunst.*)
Der bekannte medizinische Schriftsteller und Spezial-
arzt für Psychotherapie und Nerwnleiden in Wien
Dr. Wilhelm Stckel darf als einer der exzessivsten
Anhänger der psychoanalytischen Theorien Professor Dr.
Siegmund Freud's betrachtet werden. In seinem unlängst
im Verlage von S. F. Bergmann (Wiesbaden 1911)
erschienenen Buche: „Die Sprache des Traumes.
*) Wir entnehmen diese interessante, wegen Raummangels
leider immer wieder zurückgestellte Abhandlung dem „Neuen
Wiener Journal" vom 15. März 1911. — Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0034