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36 Psychische Studien. XXXX. Jahrg. 1. Hefi. (Januar 1913)
beer, Hoehbeer, Eier(s)peis, Papp." Ihren Namen gebrauchte
sie damals, um die Besitzergreifung auszudrücken; der Speisezettel
umfaßte wohl alles, was ihr als begehrenswerte Mahlzeit
erscheinen mußte; daß die Erdbeeren darin in zwei
Varietäten vorkommen, war eine Demonstration gegen die
häusliche Sanitätspolizei und hatte seinen Grund in dem
von ihr wohlbemerkten Nebenumstand, daJa die Kinderfrau
jene Indisposition auf allzu reichlichen Erdbeergenuß geschoben
hatte; für das ihr unbequeme Gutachten nahm sie
also im Traum ihre Revanche/'
Unter der Überschrift: „Träume siud Sehäurne", brachte
hierauf die Nr. 6249 vom 4. 1 V. il die nachfolgende Polemik
gegen Professor Freud's Traumdeutung „Wir haben kürzlich
bei Besprechung des interessanten Buches Die Sprache
des Traumes" von Dr. Wilhelm fetekel, dem bekannten
Schüler Professor Freud's, das System der Freud'schen
Traumdeutung eingehend erörtert. In kurze Schlagworte
zusammengefaßt besagt dieses System: Jeder Traum ist
eine Wunseheifüllung, die Erfüllung eines Wunsches, eines
Begehrens, eines sorgsam sonst gehemmten Triebes, der
wenn wir schlummern, aus der unheimlichen Tiefe unseres
Unterbewußtseins emporgestiegen ist. Und da Professor
Freud und seine Schüler den Mittelpunkt alles psychischen
Lebens im Sexualtrieb gefunden zu haben glauben, so ist
Dr. Stekel so weit gegangen überhaupt jeden Traum, coüte
que coüte, und wenn es ging, durch Umdeutung und Verkehrung
, durch Wortanklang und Zahlenmystik auf jede
mögliche und unmögliche Weise als Wunscherfüllung sexuellen
Begehrens zu deuten. Wir haben anläßlich dieser
Besprechung bereits darauf hingewiesen, daß die Freud'sehe
Traumdeutungsmethode in wissenschaftlichen Kreisen die
schwersten Bedenken und den lebhaftesten Widerspruch
erregt hat. In der letzten Nummer der bekannten populärwissenschaftlichen
Frankfurter Wochenschrift „Die Umschau
4 nimmt in einem Artikel „Träume4 Dr. med.
S. Meyer-Danzig zum Traumproblem Stellung. Nüchtern
und in bewußtem und bezwecktem Gegensatze zu Freud
bekennt sich Dr. Meyer zu dem volkstümlichen Wort:
„Träume sind Schäume*.
Zwischen der Traumdeutung Josefs in Ägypten, führt
er aus, und der des Professors Freud in Wien, besteht
nämlich doch ein gewaltiger Unterschied. Zwischen den
beiden Traumdeutern liegt die Entdeckung der Psycho-
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