http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0057
Kurze Notizen.
63
frohe Familienereignis in Kürze glaubte erwarten zu dürfen
Dasselbe trat aber zum großen Erstaunen des Arztes nicht
ein, sondern die Anzeichen der hochgradigen Schwangerschaft
gingen zurück und verschwanden zuletzt spurlos,
ohne daß das erwartete Ereignis eingetreten wäre. Die
Anzeichen der Schwangerschaft waren lediglich eine Folge
der Erwartung gewesen. Die Frau hatte sich selbst die
Idee, schwanger zu sein, in solchem Maße suggeriert, daß
die lebhafte Vorstellung sich verwirklichte. Der Arzt
fügte seiner Erzählung hinzu, die Frau sei allerdings
hysterisch veranlagt gewesen. Hysterie erklärt aber
meines Erachtens in diesem Falle gar nichts. Nur die
Annahme der Hensitivität im Sinne du PrePs, d.h. derBe-
w e g 1 i c h k e i t d e r E m p f i n d u n g s s c h w el 1 e wird diesem
Falle gerecht. Kraft dieser Beweglichkeit der Empfindungsschwelle
treten ausnahmsweise intensive Vorstellungen des
bewußten Gehirnlebens in das Gebiet des seelischen, vegetativen
und dem bewußten Willen für gewöhnlich nicht
zugänglichen Lebens über, und kraft der organisierenden
Fähigkeiten dic«e^ um unbewußten Gebietes der menschlichen
Seelentätigkeit verwirklichen sie sich. Meiner Ansicht
nach dehnen die meisten Arzte das Gebiet der Hysterie
auch auf Fälle aus, die in Wirklichkeit mit Hysterie nichts
zu tun haben. Vielleicht äußert sich Herr Dr. med. Freudenberg
gelegentlich einmal hierzu. M. K.
c) Zur Erklärung von Träumen. Wir erhalten
von sehr geschätzter Seite (Herrn Dr. jur. O. in Seh., dat.
10. XII, 12) die nachfolgende Zuschrift: „Inwiefern aus
Träumen auf Zukünftiges geschlossen werden kann, darüber
hat Verfasser noch keine Beobachtungen angestellt. Jedoch
gelangte er zu einer bestimmten Theorie über die Entstehung
von Träumen durch folgende Wahrnehmung: „Der
Traum vom Erdbeben/ In meinem Leben träumte ich nur
zweimal von Erdbeben. Das erste Mal, als ich auf einem
Schiff über den Atlantischen Ozean fuhr. Hier war der
Traum offenbar durch das Schwanken des Schiffes zu erklären.
Das zweite Mal träumte ich von einem Erdbeben, als ich
mich auf dem Kontinent befand. In den Traum war eine
Person verwoben, welche sich in der Nacht meines Traumes
— wie ich feststellte — auf einer größeren Eisenbahnfahrt
befand. Daß in diesem Falle die Veranlassung zu dem
Traume von jener mit der Eisenbahn reisenden (also auch
im schwankenden Zustand befindlichen) Person ausging,
scheint mir höchst wahrscheinlich, da ich tags zuvor mit
dieser Person eine wichtige Unterredung hatte. Tch entnehme
hieraus, daß Träume häufig auf telepathische
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0057