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104 Psychische Studien. XXXX. Jahrg. 2. Heft (Februar 1913.)
Nachschrift. Wir haben Herrn Dr. Bormann
ersucht, gleich an dieser Stelle kurz zu erwidern, um damit
diese Auseinandersetzung abzuschließen, nachdem beide
Gegner zweimal zum Wort gekommen sind. Derselbe hatte
die Güte, uns nachfolgende Duplik einzusenden:
„Kurz nur erwidere ich, da ich als Bekenner der
Teleologie nicht Zeit und Raum selbst zwecklos vertun mag,
ich aber auf die Zustimmung der Leser vertraue gegenüber
Herrn Ernst Ohler, mit dem eine Verständigung unmöglich
scheint. Daß die Materie an sich gar nichts sei,
ist eben meine Ansicht und, wenn die Malerialisten, die
sich ja doch nach ihr benennen, wie Herr Ohler, „die
Materie ohne Geist oder Kraft* nicht bestehen lassen, vergessen
sie hartnäckig, daß sie selbst, so wie wir für unser
Denken vom Wahrgenommenen ausgehen müssen, das
Wahrgenommene, weil es das Frühere ist, in ihrer Weltanschauung
unversehens immer als das Primäre, Wesentliche
und Dauernde festhalten und dem Denken die
sekundäre und vorübergehende Rolle zuweisen. So ist der
Geist für meinen Gegner nichts als „Produkt der Gelnrnfunktion44
mit „Kraft und Stoff* und daß damit die
Denkvorgänge und Denkgesetze nicht im mindesten erklärt
werden, ist ihm schattenhaft. Die „polare physikalische
Wirkung von Substanzen* bedeutet ihm genug für die
Bildung der Krystalle. Daß in jeder Kraft doch ein
Wille, der für den Denkenden immer zuletzt ein
Zweck wille ist, schon nach dem Begriffe des Wollens, das
jederzeit ein Ziel sucht, also einen gewissen Zweck
verfolgt, tätig ist, sagt er sich nicht. Daß es freilich
, wie ihm schon die Redaktion entgegenhält, un-
endJich viel Zweckvolles gibt, das wir nichtVgreifen, Hegt
auf der Hand. Herrn Ohler's Zugeständnis, daß er die
Angriffe gegen du Prel wegen Mangels an Zeit mit unzureichendem
Studium seiner Schriften führte, ist für ihn
selbst nicht rühmlich. Und der von Adolf Zeising in
den Künsten nachgewiesene „goldene Schnitt* soll Phantasie
sein?! Und ist das Logik, daß trotz den schlagendsten
Beispielen das Versehen deshalb belanglos sei, weil
es bei der weitaus überwiegenden Zahl der Geburten nicht
oder bedeutungsloser vorkommt? Und Herr Ohler gibt
es doch selbst zu!
Sieht so ein „kritischer Okkultist* aus? Ob Herr
Ohler damit bei der Gelehrten weit Staat machen werde,
bezweifle ich. Er nimmt mit seinem monistischen „Materialismus
*, da unsere Gelehrten jetzt vom „Materialismus
* als etwas Veraltetem sich gern abwenden und lieber
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