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140 Psychisch* Studien. XXXX. Jahrg. 3. Heft. (März 1913.)
Wie das Werk fortschreitet, neigt sieh Myers immer
mehr der letzteren Idee zu: die „geistige Welt* wird zu
einer „Welt der Geister", welche letztere aufeinander einwirken
. Dies folgt naturgemäß aus der Betrachtung über
„veridike* (verifizierbare) Phantasmen und mediumistische
Botschaften, wozu er zunächst fortschreitet. Auf den ersten
Anblick will es uns scheinen, als ob „Geister* etc. (wenn
ah Fakta genommen) eher eine physische als eine geistige
Hypothese zu ihrer Erklärung erfordern würden; und
mediumistische Botschaften würden, nach ihrer äußeren
Seite beurteilt, eher den Anschein erwecken, daß der
„kontrollierende Geist* in den Organismus des Mediums
selbst eindringt, als daß er nur auf das Subliminale des
Mediums einwirkt. Der Knoten verdickt sich hier gewaltig
und zwingt uns die Frage dahin zu präzisieren, ob die
Umgebung des Subliminalen iediglich geistig oder auch
physisch ist. Myers vermeidet es, psychophysische Hypothesen
vorzubringen, aber bei seinen Begriffen des
„phantasmogenetischen Eingriffes" in Raum („phantasmo-
genetic invasion in space"), der Teleuergie („telergy") und
„Teiekinesie" sehen wir ihn genötigt, das rein geistige Gebiet
zu verlassen. Subliminale Selbste , die sich in ihrer
Eigenart als rein geistige Wesen gegenseitig beeinflussen,
sind nicht der einzige Faktor, der bei unserer Erklärung
in Betracht zu ziehen ist. Raum und ihre physischen Beziehungen
zu Raum kommen dabei gleichfalls in Betracht.
Die wesentlichen Punkte in Myers' Behandlung dieses
neuen Erfahrungsgebietes sind kurz folgende: Erstens
nehme man die sogenannten „veridiken fverifizierbaren)
Phantasmen der Lebenden". Die Berichte über diese
Phänomene, welche wir als erwiesen annehmen, zeigen uns,
daß bei ihrer Hervorbringung der Geist des Perzipienten
wenigstens einer der Faktoren sein muß. Wenn sie rein
psychische oder „astrale" Erscheinungen wären, warum
sollten sie irdische Kleidung tragen und irdisches Beiwerk
mit sich führen? Und weshalb sollten sie, wenn sich der
Perzipient inmitten von Gefährten befindet, diesen so selten
begegnen ?
Augenscheinlich schließt das Phantasma, was auch sein
entfernter Ausgangspunkt sein mag, als ein unmittelbareres
Stück Erfahrung auf Seite des Perzipienten den „Halluzination
" genannten psychophysischen Prozeß in sich-
Da es zweitens wohlbeglaubigte Fälle gibt, wo eine
lebende Person einer anderen bloß durch den Willen, daß
es geschehen solle, sein Phantasma erscheinen ließ, und da
in vielen anderen Fällen von Phantasmen Lebender die
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