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154 Psychische Studien. XXXX. Jahrg. 3. Heft. (März 1913.)
nächstem Sonntag zu ihr reisen!14 — Man denke sich meine
Überraschung; ich wußte, daß meine 69jährige Mutter seit
Jahren leidend war, hatte aber nicht an eine so schlimme
Lage gedacht. Ich fuhr sofort nach M., traf meine Mutter
am 9. März noch lebend, am Sonntag, den 10. März
starb sie! —
Nach dieser Zeit kamen nun wiederholt Mitteilungen
— angeblich von meiner Mutter. Und hier, so glaubte ich
nun immer und glaube es noch, ist Gelegenheit, einen
Identitätsbeweis zu liefern. Frau Sch. brachte mir oft
Spiegelschriften, die sie im Trance mit der linken Hand
geschrieben und die angeblich von meiner Mutter stammten.
Ich sagte: „Ich möchte nur die letzten Worte wiederholt
haben, die mir meine Mutter beim Abschied sagte, dann
bin ich überzeugt! Wenn nicht, glaube ich immer, daß es
Ihr Unbewußtes selbst ist und mancher Unbeteiligte, der
Sie nicht kennt, wird sogar Ihr Bewußtsein als verantwortlichen
Redakteur heranziehen. Der Inhalt einer
Spiegelschrift lautet:
„Meines Sohnes wegen bin ich hier,
Dreimal träamte Dasselbe dir.
Dreimal bin ich dir doch erschienen,
Und du versprachest, uns zu dienen,
Mir die Vermittlung anzubahnen,
Denn er hört's nicht, kann es nicht ahnen,
Daß ich oft so nahe ihm bin,
Geschlossen ist noch sein feinerer Sinn.
So bitt' ich dich nochmals, rieht' es ihm aus,
Von den Bädern, der Kur und dem Arzt füYs Haus,*)
Und nicht zuviel soll er daran riechen,
Denn alles, was muß auf der Erde kriechen,
Dem haftet allerlei Giftiges an,
Das sich konserviert verdoppeln kann.
Gib ihm dies hin, du mußtest so schreiben,
Von deinen Gedanken sollt'' frei es bleiben,
Und wir sind viele, die deine Hand führen,
X1m\ so im Schlaf kaunst schlecht du sie rühren.
Drum sind's so vieler Handschriften Züge.
Nun glaub', was du träumtest, nichts ist davon Lüge!
Rieht* es genau und wörtlich aus,
Dann wird's immer freundlich im neuen Haus,
Denn die 12 Jahr', die er »loch hat zu leben,
Kommt er zur Höh<>, wird sein Bestes noch geben,
*) Ich litt an Schwindclanfällen, Frau Sch. hatte mir Bäder
angeraten, eint Münchener Dame, die durch ihre Erfahrungen auf
übersinnlichem Gebiete nicht minder, nU durch ihre früheren Beziehungen
zu Ferdinand Lassalle berühmt gewordene (kürzlich in
München verstorbene) Frau von Sehe witsch (Helene von
Donniges), mit der ich seit langem in Briefwechsel stand, iwh den
Verordnungen eines Münchener Arztes das Riechen von Ameisensäure
.
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