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Karze Notizen.
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Jedenfalls konnte man in Wyk auf einmal die betonierte
Fläche mit Muschelschalen ganz bedeckt sehen. Die Krähen
flogen mit der geschlossenen Muschel hoch, ließen sie fallen
und verspeisten dann den Inhalt. War der Flug einmal
nicht hoch genug, sodaß die Muschel nicht zerbrach, so
ließen sie die Muschel noch einmal aus größerer Höhe
fallen, bis sie ihren Zweck erreichten. Unter den Muscheln
wird dadurch bemerkbar aufgeräumt, denn Leckerbissen
ziehen auch Möven heran, die den Trick der Krähen bald
begriffen und ihn nachmachten. Den Friesenbauern ist
dieser Vorgang nichts weniger als ein Phänomen, das zum
Nachdenken anregen müßte, ob die Tiere Intelligenz oder
Instinkt haben. „Das Viehzeug ist schlau, es weiß genau,
was es will*, sagen sie, wenn man sie fragt. Aber der
akademischen „ Wissenschaftu ist es — schwer begreiflicher
Weise — eine Doktorfrage, ob die sprachlose Kreatur
Verstand oder Instinkt besitzt. Ersterer, als das geistige
Vermögen des Unterscheidens und Urteilens durch Kombinieren
und Vorausberechnen, kann nach solchen Erfahrungen
, wie sie d^r scharfe Beobachter des jNaturlebens
überall machen kann, den höher organisierten Tieren unmöglich
abgesprochen weiden, während allerdings die Vernunft
, als das Vermögen der klar bewußten Begriffsbildung,
sich erst beim Menschen zugleich mit der artikulierten
Sprache entwickelt, welche durch ein Lautbild, d. i. durch
das Wort, dem Menschen als „Denker* erst die Möglichkeit
bietet, den durch die sinnliche Wahrnehmung erhaltenen
Eindruck zu fixieren, d. h. festzuhalten und darüber
tiefer nachzudenken, welche äußere Merkmale zu
einem Begriff (wie Mensch, Tier, Pflanze usw.) gehören.
Daß aber auch den Pflanzen eine Art seelischen Empfindens
zugeschrieben werden muß, zeigt (ganz abgesehen von der
sich bei einer Berührung zusammenziehenden Mimosa)
schon die Art, wie sie auf das Sonnenlicht reagieren. Aber
erst beim Menschen kommt dann diese Beseelung der
ganzen Natur sehr allmählich eben durch das Sprechen zu
klarem Bewußtsein, womit sodann zugleich die Möglichkeit
der Rückinnerung an frühere Entwicklungsstadien in einem
jenseitigen Weiterleben gegeben ist. Dr. Fr. Maier.
i) Zur Psychologie der Träume. Die neuesten
Forschungen über die Psychologie des Traumes stellt der
Leiter der psychologischen Abteilung an der Universität
London, William Brown, in einem Aufsatze des „Strand
Magazin* zusammen, wobei er besonders die Theorien der
deutschen Gelehrten Scherner und Freud berücksichtigt.
Das Stoffliche unserer Träume stammt aus Erinnerungen
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