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Stekel: Todessymbolik
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(374.) „ Meine Frau ging aus dem Zimmer und ließ
mich allein, . . . . d. h. sie starb.*
(375.) „Ich sah Fräulein Lola (eine lästige Konkurrentin
!) in einen Zug einsteigen und wartete, bis der
Zug abfuhr.*
(376.) „Herr N. L. ging mir voraus. Er wurde
immer kleiner, bald sah ich ihn nicht mehr.*
(377.) , Ich sah Herrn Josef, S., meinen besten Freund,
in ein kleines Haus hineingehen.'
Dies kleine Haus ist die Gruft....
(378.) „Mein Mann erschien mir im Traume. Er
sah überlebensgroß aus*) und schritt mit Riesenschritten
an mir vorüber."
Der alte Mann lebt dieser jungen Frau viel zu lange.
Er läuft ihr mit Riesenschritten davon. Tags vorher hatte
der Arzt erklärt, die Krankheit gehe mit Riesenschritten
vorwärts.
Alle diese Ausdrücke sind der Alltagssprache entnommen
. Man sagt: Der Mann ist gegangen, abgefahren
für „er ist gestorben\ Ein Toter verläßt uns".
Züge abgerufen. Die Eisenbahn Verwaltungen sind reglementarisch
dazu verpflichtet: „Die Aufforderung zum Einsteigen in die Wasen*,
heißt es in der Verkehrsordnung für die Eisenbahnen Deutschlands,
„hat durch Abrufen in den Warteräumen zu geschehen/ Allein
die Berliner Stadt- und Ringbahn macht eine Ausnahme davon. Das
Abrufen besorgt der Portier, der mit einer großen Klingel den
Wartesaal durchschreitet. Wer besorgt es denn in dem großen
Wartesaal, in dem männiglich wartet? — Die Züge ins Jenseits
gehen täglich und stündlich ab. Nach einer Berechnung, die
vielleicht schon veraltet ist, sterbeu auf Erden alljährlich 42403000
Menschen, täglich 115200, in jeder Stunde 4800, in jeder Minute 80.
Sie alle wollen befördert, alle in die andere Welt gefahren werden;
der Verkehr hat hier das Eigentümliche, daß jedermann fort will
und niemand wiederkommt. Wer ruft uns ab, wenn wir unsere
letzte Eeise machen? — Ach Gottchen! Das Abrufen ist hier schon
lange eingeführt Der Tod hat seine Portiers so gut wie die
Eisenbann. Er hat auch seine Klingeler, die den Wartesaal durchsehreiten
, und sich ehern vor den armen Fahrgast pflanzen, wenn
er eben noch ein Utas Bier trinken will: „Fort mußt du! Deine
Uhi ist abgelaufen/ („Die Lebendigen und die Toten," S. 100 101.)
St.
*i „Hingegen bedeutet das Gesicht, daß man über die menschliche
Größe hinausgewachsen sei, dem Träumenden den Tod; und
wenn jemand sein eigenes kleines Kind als Mann zu sehen glaubt,
wird das Kind sterben. Von unheilvoller Bedeutung ist die Verwandlung
in ein Kind auch für einen bejahrten Menschen, denn
es bedeutet ihm den Tod/ (Artemidoros S. 57 1. c.) — Die Symbolik
ist richtig. Die Anwendung im prophetischen Sinne — das
brauche ich eigentlich nicht so oft zu betonen — ist nicht gerechtfertigt
. „Der überlebensgroße Mann* ist uns sc hon im Traume
vom Rathaus (Nr 22) in derselben Bedeutung erschienen. St.
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