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260 Psychische Studien. XXXX. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1913.)
analog den Lähmungen, auf Funktionsstörungen des psycho-
physischen Mediums beruhen, eine Vermutung, in der man
noch bestärkt wird, wenn man bedenkt, daß derartige
Spaltungen in der Hypnose oder im Somnambulismus entweder
von selbst wieder verschwinden oder durch Suggestion
beseitigt werden können. Die Einheit der Persönlichkeit
kommt auf diese Weise offenbar dadurch wieder zustande,
daß zwischen den isolierten Gehirnpartien die psycho-
physische Verbindung wieder hergestellt wird.
Wenn man eine geistige Substanz als Substrat des
subliminalen Gedächtnisses und Bewußtseins annimmt, so
können letztere, aller Persönlichkeitsspaltungen ungeachtet, als
in vollkommener Integrität fortbestehend gedacht werden. —
Zum Schluß mögen hier noch einige das subliminale
Gedächtnis betreffende Stellen aus Swedenborg *) angeführt
werden, welche auch noch dadurch ein besonderes
Interesse erhalten, daß sie Folgerungen, zu welchen Prof.
Elmer Gates durch wissenschaftliche Beobachtungen gelangte
,**) durch auf intuitivem Wege gewonnene Erkenntnis
bestätigen.
Die betreffenden Stellen lauten:
„Ich fand, daß die Einzelheiten des Denkens und
Wollens, wie sie dem Gehirn eingeschrieben sind (denn in
diesem sind deren Anfänge), so auch dem ganzen Leibe
eingeschrieben sind, weil in diesen alle Teile des Denkens
und Wollens von ihren Anfängen aus sich verbreiten und
in ihm als ihrem Letzten sich endigen; daher kommt es, daß
das, was dem Gedächtnis aus dem Wollen und aus seinem
daraus hervorgehenden Denken eingeschrieben ist, nicht
bloß dem Gehirn, sondern auch dem ganzen Menschen eingeschrieben
ist, und in ihm gemäß der Ordnung der Körperteile
vorliegt. — Hieraus kann auch erhellen, was verstanden
wird unter dem „Lebensbuch des Menschen", von
dem imWorte [„Wort Gottes ?"| die Rede ist, nämlich dies, daß
alles, sowohl die Handlungen, als die Gedanken, dem ganzen
Menschen eingeschrieben sind, und wenn sie aus dem Gedächtnis
zurückgerufen werden, wie aus einem Buche abgelesen
erscheinen, und wie im Bilde gesehen, ^renn der Geist im
„Lichte des Himmels" betrachtet wird. Diesem will ich noch
etwas Denkwürdiges über das nach dem Tode bleibende
Gedächtnis des Menschen beifügen, wodurch ich bestärkt
*) Emanuel Swedenborg „Himmel und Hölle", S. 403-405.
Stattgart 1894,
**} S. Mitteilungen der D. GL f. p. F., Septemberheft 1912,
12. Hett, S. 170 „Die Unsterblichkeitsfrage von neuen Gesichtspunkten
aus."
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