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Kaindl: Die menschliche Psyche ein Doppel-Wesen. 261
wurde, daß nicht nur das Allgemeine, sondern auch das
Allereinzelnste, was ins Gedächtnis eingegangen war, darin
haftet, und nie ausgelöscht wird; es erschienen mir Bücher
mit Schrift darin, wie in der Welt, und ich ward belehrt,
daß sie aus dem Gedächtnisse derer seien, die sie geschrieben
hatten, und daß darin auch nicht ein Wort fehle,
das in dem von ihnen in der Welt geschriebenen Buche
stand, und daß in dieser Weise aus dem Gedächtnisse
eines Andern die allereinzelnsten Dinge herausgenommen
werden können, auch solche, die er in der Welt vergessen
hatte;*) die Ursache ward auch enthüllt, daß nämlich der
Mensch ein äußeres und ein inneres Gedächtnis hat; ein
äußeres, welches das seines natürlichen Menschen ist, und
ein inneres, welches das seines geistigen Menschen ist; und
daß die Einzelheiten, die der Mensch gedacht, gewollt,
geredet, getan, ja selbst die er gehört und gesehen hat,
seinem inneren oder geistigen Gedächtnis eingeschrieben
sind; und daß die darin befindlichen Dinge niemals verlöschen
, weil sie zugleich, wie vordem gesagt worden, dem
Geiste selbst und den Gliedern seines Leibes eingesehrieben
sind."
Davis, der diesen Gegenstand vom ethischen Standpunkt
aus betrachtet, zeigt sich mit Swedenborg in vollkommener
Übereinstimmung, wenn er in seinen „Penetralia*
sagt: , Auf die jetzt unbewußten Blätter des ewigen Lebens-
baumes schreibt das erhabene Prinzip der Gerechtigkeit
jeden Gedanken, jedes Wort, jede Tat des unsterblichen
Geistes niedertf (S. 49).**) Daß das subliminale Selbst den
Charakter des Unendlichen an sich trägt, kommt nach
Swedenborg im physischen Organismus zum Aasdruck. Er
sagt***): „Daß im Innern des menschlichen Gemüts so
Unendliches ist, daß es nicht mit Zahlen bestimmt werden
kann, stellt sich schon heraus aus dem Unendlichen im
Körper, von dem nichts zur Anschauung und Empfindung
gelangt, als die bloße Tätigkeit in großer Einfachheit,
zu welcher doch ihren Beitrag geben Tausende von Beweg
- oder Muskelfibern, Tausende von Nervenfibern,
Tausende von Blutgefäßchen, Tausenderlei in der Lunge,
die bei jeder Tätigkeit mitwirken muß, und Tausenderlei
in den Gehirnen und im Rückgrat und noch viel mehr im
geistigen Menschen."
*) Man lese Prof. Charles Kichet's Abhandlung „Xenoglossy:
or Automatic Writing in Foreign Languages" im Juniheft 1905 der
Zeitschrift »The Annais of Psychical Science".
**) Siehe Georg Ebers: „Der Kaiser**, S. 174.
* *) Göttliche Vorsehung", S. 222.
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