Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 262
(PDF, 209 MB)
Bibliographische Information
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http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0266
262 Psychische Studien. XXXX. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1913.)

Der tiefe Brunnen.*)

Von Dr. W. S t e k e 1 (Wien).

In Nürnberg auf der alten Burg wird ein tiefer Brunnen
gezeigt. Man wirft einen Hteiu in den dunklen Schacht
und horcht. Es vergehen Sekunden und dann hört man
den Stein ins Wasser schlagen. Wer aber in den Kessel
schaut, merkt erst nichts als unergründliche Dunkelheit.
Dann belebt sich die Tiefe mit seltsamen Gestalten. Man
glaubt das Wasser zu sehen und aus dem leuchtenden
Spiegel tauchen wundersame Bilder auf. Es geht die
Sage, man könne die Bilder der Jugend sehen ....

Der Glaube an den tiefen Brunnen hat seine Berechtigung
. Wir alle tragen im Dunkel der Seele den
Brunnen, der uns die Bilder der Jugend und den Weg
zum Glück zeigen könnte. In stiller Nacht beginnen die
Wasser zu rauschen und wir träumen . . . Nur die
Dichter haben die Gabe, die Eimer des Geistes auch bei
Tage in die Tiefen hinabzulassen und den Wunderquell
ans Licht der Sonne zu heben. Es ist das alte Märchen
vom verzauberten Brunnen, dessen Wasser jedem Wansehe
unnahbar verborgen sind. Da naht der junge Spielmann
und streicht über seine silbernen Saiten. Und siehe da!
Es beginnt zu raunen und zu rauschen und die verborgene
Quelle strömt erst schüchtern und dann reich und immer
reicher der hellen Welt.

Wie oft habe ich in schlaflosen Nächten diese Wasser
rinnen gehört! Wenn die dunkle Stille alle Türen der
Welt verschlossen hatte, fiel mir das Märchen vom Spielmann
ein. Ich wollte einst ein Dichter werden. Es ist
lange her. Ich habe aus dieser Zeit eine Liebe für die
Dichter bewahrt und freute mich, wenn ich im einfachen
Menschen den Dichter entdeckte. Und als ich begann, die
Träume der Menschen zu beobachten, lernte ich die
Quellen aller Kunst kennen. Ich sah, daß wir alle in
unserer Seele die Zaubergeige besitzen, welche den tiefen
Brunnen lebendig macht. Im Traum leben wir ein reiches
Leben und sind niemals einsam. Einsam*sind wir nur in
schlaflosen Näthten .... Lonau drückt dies in wundervollen
Versen aus:

*j Auf vielfach aus unserer Leserschaft geäußerten Wunsch
bringen wir auch noch das erste Kapitel aus Dr. StekeFs neuestem
Buch: „Die Träume der Dichter* (Wiesbaden, J. F. Bergmann,
1912, 252 S.) mit Genehmigung des Herrn Verfassers und Veilegers
zum Abdruck, um eine weitere Probe des überaus fesselnden Inhalts
zu geben. (Vgl. Jan.-Heft er., B. 13 ff. n Märzheft, S. 187.) — K e d.


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