Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 266
(PDF, 209 MB)
Bibliographische Information
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266 Psychische Studien. XXXX. Jahrgang. 5. Heft. (Mai 1913.)

stehen wir, warum im Traume die Stadt schwarz (statt
rot) dekoriert ist, „als wäre der Kaiser gestorben.44 Es wird
ja ein Toter zu Besuch erwartet. Doch der Kaiser wird
von den Städtern übersehen. Er wandelt unter ihnen und
sie sehen ihn nicht. Die Blinden! Dieser Teil des
Traumes enthält schwere Vorwürfe gegen ihre Familie,
die den edlen Yater so bald vergessen hat. Aber sie hat
ihn nicht vergessen. Ihr lebt er noch und ihr kommt er
wieder. Der Kaiser trägt ein lila Gewand, wie die Bischöfe
in dieser Gegend und wie die Toten es tragen. Es ist
auch die Farbe der Halbtrauer. Der Kaiser entschwindet
ihren Blicken. — Dieses Stück enthält eine Anklage gegen
das Leben. Wir vergessen, ach! gar so ieicht, und die
Toten entschwinden so rasch unseren Blicken! Die Erinnerung
wird blaß und blässer und eines Tages kommen
wir darauf, daß wir den teuern Toten erst jetzt wirklich
ganz verloren haben.

Doch im Traume ist der alte Herr noch rüstig, das
heißt: ihrem Gedächtnisse ist er noch nicht entschwunden.
Sie fährt, so oft sie kann, zu seinem Grabe und schmückt
es mit roten Rosen. Sie drückt damit au<, wie heiß sie ihn
geliebt habe und noch immer liebe. Ihre Familie aber ist
kalt und herzlos. Sie jedoch steht vor dem Meere, das
hier ein Sinnbild der Unendlichkeit wird, und ruft und
ruft, als könnte sie der tote Vater hören. Allein sie
schreit sich heiser und der Tote hört sie nicht.
Können die Toten unsere Gebete hören ? Auf diese bange
Frage gibt ihr der Traum keine Antwort. Er läßt den
bösen Zweifel offen. Die drei Barken sind die Erinnerung
an das Leichenbegängnis des Täters. Er wurde von der
Insel, auf der sie wohnten, von drei Barken und zwei
Schiffen begleitet ans Festland gebracht. Auf diesem Fels
stand sie oft in heißer Sehnsucht und mit krankem Herzen
und dachte daran, sich in die Flut zu stürzen, als das
große Unglück über sie kam. Doch wir haben ja noch
gar nicht vom großen Unglück gesprochen. Sie hatte einen
rohen Mann geheiratet, der sie quälte, mißhandelte, betrog,
ja sogar vor ihren Augen betrog und ihr teures Kind mißhandelte
. Wie oft hatte sie gedacht '„Wenn das dein
Vater sehen würde! Wenn er dich hören könnte!" Doch
die Leute sagen ja im Traume: „Vielleicht hat er wenigstens
die eine Stimme gehört." —

Jetzt hören wir zu unserem Erstaunen, daß der Vater
dieser Kranken herzkrank war und an einem Anfall von
Angina pectoris zugrunde ging. Die Patientin identifiziert
sich mit ihrem Vater und spielt sich täglich die


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