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Kurze Notizen
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1*3» JEN^*« er»» »In einem der letzten Hefte der »Natur* (Verlag
Th. Thomas, Leipzig, Jahrg. 1912, Heft 11) wird von einer
Entdeckung des französischen Botanikers Gaston Bonnier
berichtet, die gewiß als interessanter Beitrag zu der in
den „Psych. Studien* schon öfters gestellten Frage, ob das
Tier Denkvermögen besitze oder nicht, anzusehen ist. Er
machte hiernach die Beobachtung, daß die zwischen dem
Bienenhaus und den Blumen hin und her fliegenden Bienen
sich in zweierlei Funktionen teilen: während die Sammelbienen
ohne Suchen auf ein schon feststehendes Ziel hinfliegen
, um hier Nahrung zu suchen, stellen die Suchbienen
nur d;e betreffenden Stellen fest, wo sich Material erwarten
läßt und holen erst dann die Sammelbienen herbei, um mit
ihnen zusammen das Erntegeschäft zu besorgen. Das
Eigentümlichste aber war, heißt es Seite 273, „daß die
Suchbienen stets nur soviel Sammelbienen
herbeiführten, wrie zur Ausbeutung der gefundenen
Quelle nötig war. Dies alles beweist,
daß diese Tiere über ein gewisses Urteilsvermögen verfügen
und eine gegenseitige Verständigung irgendwelcher
Art zwischen ihnen stattfindet/
d) Vom Wurzel-Aberglauben. Gewisse Wurzeln,
vor allem die Mandragorawurzel, die oft eine menschenähnliche
Gestalt hat und als „Alraunwurzel" und „Alraunmännchen
" seit alten Tagen bekannt ist, hat als Talisman überall
eine bedeutende Rolle gespielt. Unter allerlei Vorsichtsmaßregeln
wurde sie gegraben. In den Apotheken war sie
für teures Geld zu Heilzwecken käuflieh. Dann wurde
sie mit Rotwein gewaschen und mit Seidenläppchen bekleidet
, sehr häufig auch in ein Mänteichen von roter Seite
gehüllt. Im Volksaberglauben war das Alraunmännchen
ein Helfer und Schützer in allen möglichen Nöten. In die
Kleider eingenäht, trug man ihn bei sich; man war dann
gegen die Krankheit, gegen Verhexung, gegen den bösen
Blick und dergleichen geschützt. Den Frauen hilft die
Wurzel in ihrer schweren Stunde; zum Gold gelegt wird
sie ein Mehrer; im Stalle hält sie das Vieh gesund usw.
usw. Kaiser Rudolf II. trug ein Alraunmännchen in seinen
Mantel eingenäht immer im Feld bei sich, um gegen Verwundung
geschützt zu sein. Noch im Jahre 1870 haben
Landleute ihren Söhnen Alraunmännchen mit in den Krieg
gegeben, und noch heute sagt man da und dort von jemandem
, der viel Glück hat, er müsse ein Alraunmännchen
in der Tasche haben. Uber diesen Wurzelaberglauben, über
seltsame Wurzelformen usw. plaudert im neuesten 17. Heft
der illustrierten Zeitschrift »Zur guten Stunde", die neuer-
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