Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 329
(PDF, 209 MB)
Bibliographische Information
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St ekel: Der tiefe Brunnen.

329

Der tiefe Brunnen.*;

Von Dr. W. S t e k e 1 (Wien).

(Fortsetzung von S. 267.^1

Woran alle Neurotiker kranken und was .sie am tiefsten
verbergen, das ist der Zweifel. Sie zweifeln an sieh selbst
und an aller Welt. Sie zweifeln an der Liebe und zweifeln
an Gott. Sie haben den festen Felsen des Glaubens verloren
.

In diesem Traume kehrt der Träumerin die Gottheit
wieder. Nach langer Abwesenheit wandelt Gott (hier im
Symbol des Höchsten, des Kaisers) unter den Menschen.
Aber es geht ihm wie dem Gotte in allen Legenden, die
wir in der Kindheit so gerne gehört haben. Die Mensehen
erwarten ihn und warten auf sein Reich und erkennen ihn
nicht. Auch Jesus war der Kaiser der Juden und wandelte
unter Menschen, die ihn nicht erkannten .... Der Kaiser
trägt ein lila Gewand, wie ein Erzbischof, der in der Kindheit
auf sie einen großen Eindruck gemacht hatte.
„Blumen" pflückte sie in ihrem Elend und schmückte das
Bild des Heilands damit. Sie betete um Glück. Und als
das Unglück über sie hereinbrach, empörte sie sich wider
Gott und seinen Heiland (Heil unserm Kaiser!). Sie
hörte auf, in die Kirche zu gehen. Jetzt schreit sie im
Traume und hofft, daß der liebe Gott ihre schwache
Stimme hören wird.

Sie hat eine schwere Sünde begangen. Sie war eine
fromme Katholikin und wurde ihrem Manne zu liebe protestantisch
. Sollte ihr Unglück nicht die Strafe ihrts
Gottes sein ? Und war ihi Vater nicht ein frommer
Katholik und sah er nicht zürnend vom Himmel auf sie
herab und sandte ihr Versuchungen und Strafen, Angst
und Pein für ihre Treulosigkeit der alleinseligmachenden
Kirche gegenüber? Ach wohin ist der schöne Kinder-
Glaube, der Gott ihrer Kindheit verschwunden? Langsam
entrückt er ihren Blicken, um für immer von den Wogen
der Vergessenheit entführt zu werden. Das Meer ist das
Bild ihrer Seele. Sie steht am Rande des Bewußtseins und
so nahe dem Wahnsinn.

Noch eine wichtige Tatsache ersehen wir aus diesem
Traume. Der tote Kaiser ist der Vater, ist Gott, ist aber
auch ihr ehemaliger Gatte, der für sie tot ist und doch im
Traume zu neuem Leben erwacht. Sie steht vor der
Scheidung mit dem rohen Gesellen, den sie nur heiratete,
weil er sie an den toten Vater erinnerte und weil er viel
älter war als «ie. Sie fühlte sich so unsicher in der weiten

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