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386 Psychische Studien. XL. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1913.)
Falle wäre Sieber unverdienterweise in den Ruf gekommen,
das Ende desselben bewirkt zu haben, was übrigens öfters
vorkommt.
Aus allem seheint mir aber das eine mit Bestimmtheit
hervorzugehen, daß man es hier wirklich mit tibersinnlichen
Vorgängen zu tun hatte. Denn weder der Besitzer
des Spukhauses, noch seine Familie hätten irgend ein
Interesse daran haben können, selber den Geist zu spielen,
da ihnen durch den Spuk nur Schaden erwachsen konnte.
Und andere Missetäter in Fleisch und Blut wären bei der
allgemeinen Wachsamkeit in dieser langen Zeit sicher einmal
ertappt worden. Sinnestäuschungen überhitzter Gemüter
lagen ebenfalls keine vor, wreil sich viele Zweifler
von der Wirklichkeit der Geschehnisse überzeugen konnten.
Trotz alledem ist aber meine subjektive Gewißheit von der
übersinnlichen Ursache des Spuks selber nicht von jedem
Zweifel frei. Es sind nämlich rein objektive Gesichtspunkte
und Erwägungen, die beständig an meiner Uberzeugung
nagen wollen und das aus dem einfachen Grunde,
weil ich persönlich kein einziges der Phänomene mit angesehen
habe. Wäre ich Augenzeuge gewesen, so wäre ich
ohne Zweifel unerschütterlich davon überzeugt, hätte nun
aber meinerseits das verdammte Vergnügen, selber tauben
Ohren predigen zu müssen, weil der Großteil der
Menschen überhaupt nie solche Begebenheiten
zu sehen bekommt und dieselbeninfolgedessen
kurzerhand in das Gebiet der Fabel verweist
.
Wer sich aber-die Mühe nimmt, die Menschheitsgeschichte
nach okkultistischen Begebenheiten zu durchforschen
, dem werden sich die historisch verbürgten übersinnlichen
Geschehnisse selbst noch der letzten Jahrhunderte
aus einzelnen seltenen Vorkommnissen zu einem anselmlichen
Be weisko mplex vereinigen, der nicht mehr zu
übersehen ist.
Und er wird bei gründlicher synthetischer und analytischer
Untersuchung, trotz der relativen Seltenheit dieser
Geschehnisse — die in der Kegel nicht beliebig erzeugt
und wiederholt werden können — auf deren absolute Wirklichkeit
und Gesetzmäßigkeit schließen müssen.
Haben wir diese Begebenheiten auch nicht selber miterlebt
— wie ich sogar von der jüngsten Spukgeschichte
in Rüdtligen wenigstens nicht Augenzeuge war —, so bin
ich doch glücklicherweise durch eingehende Studien des
verborgenen menschlichen Seelenlebens so bescheiden geworden
, daß ich es verlernt habe, mir allein einen kritischen
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