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400 Psychische Studien. XL. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1913.)
IL Abteilung.
Theoretisches und Kritisches.
Weg und Ziel.
Von Werner Friedrichsort.
Man hörte gelegentlich, daß eine politische Partei die
These aufgestellt: „Das Ziel ist uns nichts, aber die Bewegung
alles!* — Man kann es verstehen, wenn das
Agitieren für einen neuen Gedanken zunächst den Hauptwert
legt auf die Bewegung, auf das Aufmerksammachen;
ebensowohl aber ist es zu verstehen, wenn endlich Resultate
erwartet und verlangt werden. Die Bewegung für eine
Weltanschauung, die des Wesens Kern aus seiner umhüllenden
Schale lösen wollte, müßte sich darauf beschränken,
erst mal diese entschlossenen Schalen unter die Menge zu
werfen, aufmerksam zu machen auf Vorfälle, die da abweichend
von der üblichen Norm auftraten, und allmählich
erst das Verlangen zu wecken, mehr zu erfahren. Es wird
erzählt, daß dort im Innern Indiens im Kreise ^ener Master,
die, auf höherer Stufe der Entwicklung stehend, die Erziehung
ihrer jüngeren Geschwister in anderen Rassen und
Nationen durch geistige Beeinflussung leiten, ein bestimmter
Lehrgang beobachtet werde. Und — lassen wir mal diese
mystisch klingende Hypothese beiseite — bleiben wir bei
unseren normalen Verhältnissen, ist es dann nicht ganz
begründet, wenn der eine oder der andere sagt: „Uns ist
die Bewegung ganz interessant, aber das Ziel ist uns Alles!
Du hast dich nun über 30 Jahre mit diesen Fragen beschäftigt
,— sag' uns doch mal, was ist denn nun das Ergebnis
all deines Forschens? Glaubst du an Gott? Glaubst du an
ein Fortleben nach dem Tode?" — — Ich weiß, es wird
vielen gehen wie mir, daß sie auf die erste Frage ablehnend
den Kopf schütteln werden: „Wie kann man nur so töricht
fragen?* — Und so würde auch diese Antwort nur Spott
über den Frager sein. Und auf die zweite Frage: „Ja, oder
nein — und beides richtig und begründet." Da gibt es
eigentlich nur jene Antwort, die der indische Weise dem
auf Antwort drängenden Schüler gab: „Na-iti, na-iti! (Nicht
so und nicht so!)* —
SolPs jener Gott sein, von dem die Schriften lehren,
solFs jenes Fortleben nach dem Tode sein, wie es die Kirche
kündet — na-iti, na-iti! — Und soll ich denn meinen
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