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440 Psychische Studien. XL. Jahrgang. 8. Heft. (August 1913.)
Dr. Oehorowiez stand vor einem Rätsel. Er erklärt,
daß jeder Verdacht auf Betrug ausgeschlossen ist und daß
selbst vom medianimen Standpunkt die Tatsache unerklärlich
sei. Um diese Radiographie hervorzubringen war — wenigstens
dem Anscheine nach — notwendig, durch die Hand
des Experimentators oder durch das Glas der Flasche einzudringen
; ferner mußte die iluidische Hand so weit materialisiert
werden, daß sie genügende Undurchsichtigkeit besaß;
die Hand mußte dann auf den Film gepreßt, werden und,
da dieser gerollt war, sich ebenfalls rollen; endlich mußte
unter den Windungen Licht erzeugt werden, und zwar so,
daß der transparente Film nicht durchdrungen und alles
verschleiert wurde.
Dies ist wenigstens die Analyse des wissenschaftlichen
Denkens,—nimmt man dieselbe nicht an, dann bleibt nur übrig,
die „vierte Dimension* oder „den Astralplan*, auf welchem
unsere physikalischen Gesetze keine flolle mehr spielen, anzunehmen
oder — eine Gedankenphotographie auch auf dem
Astralplan, denn in unserem dreidimensionalen Räume ist eine
Photographie in den Falten einer Rolle unbegreiflich. Die
Hand eines Geistes ist es nicht, denn sie hat alle bedeutenden
Eigenschaften der Hand des Mediums und zeigt sogar den
Ring, welchen letzteres trägt. Die Hand des Mediums ist
es auch nicht, denn sie ist um ein Viertel größer. Eine
künstliche Hand? Nein, alle Umstände sprechen dagegen.
Eine andere Hypothese: der Abdruck ist erfolgt, während
der ausgebreitete Film im Entwieklerbade lag; allein
die Schale wurde während des Entwickeins bewegt und die
Somnambule hat noch nie den Versuch machen wollen, durch
den Entwickler hindurch zu operieren, da die Flüssigkeiten
unangenehm auf sie wirkten, „übrigens, sagt Dr. Oehorowiez,
sprechen alle meine persönlichen Beobachtungen und alle
augenblicklichen Umstände gegen diese Art, das Experiment
begreiflich zu machen/
Dr. Oehorowiez fragte einige Wochen später den .,I)oul>le"
und erhielt mittels automatischer Schrift im somnambulen
Zustand des Mediums folgende Mitteilungen „Die von dem
Medium wahrgenommene Empfindung, als «ob die Flasche
sich erweitere, war nicht ganz illusorisch: ich habe versucht,
das Glas zu dematerialisieren, vm nach innen zu dringen;
da es mir aber nicht gelang, schlich ich mich durch eine
kleine Spalte zwischen deiner Hand und der Mündung der
Flasche ein. Dann glitt ich mit meiner flachen Hand zwischen
die Falten des Bandes und das Licht machte sich ganz allein,
ich weiß nicht wie. Ich habe nur Sorge getragen, den undurchsichtigen
Film zu treffen.....*
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