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494 Psychische Studien. XL. Jahrgang. 8. Heft. (August 1913.)
die die Gelehrten als Fußtapfen eines mächtigen ehemaligen
Tierfüßlers des Chirotneriums erklärten. Der bedeutendste
Fundort ist Haßberg bei Hildburghausen, aber sie
sind so häutig, daß man diese Sandsteine als Chirotheri umSchicht
bezeichnet hat. In Nordamerika sind sie noch
auffälliger, aber hier hat man sie (s. Neumayr „Erdgeschichte
") ebenfalls auf zweibeinige Ungeheuer mit vier
Metern Schrittweite zurückgeführt, auf eine Art der Dinosaurier
.
Aber das Merkwürdige ist nun, daß man keine entsprechenden
Knochenreste vorfand. Hier sagt nun Kreidmann,
S.105: „Diese Fußtapfen unbekannter „Handtiere
" waren nicht Teile höherer Tiere,
sondern selbständige Lebewesen, aus deren
Verwachsung zunächst höhere Tiere hervorgingen
, welche in einer späteren Formation
in Extremitäten, Hände und Füße
noch höherer Tiere umgewandelt wurden/
Die vielen kleinen runden Höhlungen, welche sich neben
diesen Abdrücken mit 3—5 sternartig angeordneten Gliedern
, ganz als wären es Zehen oder Finger, finden,
seien ferner nicht, wie man meinte „fossile Regentropfen*,
sondern die Abdrücke der Eier jener Finge
rtiere! —
Wir müssen hier offen gestehen, daß uns diese Kreid-
mann'sche Erklärung viel wahrscheinlicher dünkt, als die
Fußtapfenhypothese, zumal mit Rücksicht auf die Annahme
der fossilen Regentropfen; man glaubt ja kaum, welche
absurden Anschauungen auch in gelehrten Kreisen oft kolportiert
werden! Die Abbildungen sind beigegeben. Das infolge
der vielen Klischees, zu welchen der Verfasser die Zeichnungen
zum Teil selbst gemacht hat, teure Buch ist freilich
auf Fachkreise berechnet und setzt oft anatomische Kenntnisse
zum völligen Verständnis voraus; wir versuchten hier
wegen der Wichtigkeit der Sache wenigstens die Grundzüge
wiederzugeben. Der Verfasser hat das "Werk nicht mehr im
Druck gesehen, er starb 67% Jahre alt im Mai 1912 zu
M e r a n und hat die Vorrede noch im Januar desselben
Jahres verfaßt. Vorangeschickt ist ein Nachruf von Sanitätsrat
Dr. Gensichen, worin erwähnt wird, daß der Verfasser
auch der Entdecker des „Nervenkreislaufes*4
ist, und er selbst spricht im Text davon, daß der Blutkreislauf
das weibliche Prinzip, der Nervenkreislauf
das männliche Prinzip sei. Dr. Gensichen schließt: „Seine
Freunde werden es mit mir empfinden: es ist ein
großer Mann dahingegangen!*
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