http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0515
Krziwan: Über die Wurzel des Okkultismus. 511
V.
Wir wollen nun vergleichen.
Wie der Konjugation des Paramaeeium die Auflösung
des Großkernes vorausgeht, so geht auch dem Auftreten
des Religionsstifters gewöhnlich religiöser Verfall voraus.
Sowie beim Paramaeeium durch wiederholte Teilung vier
Kerne entstehen, von denen zwei degenerieren und nur
einer in den anderen Gameten übergeht, so entstehen in
Zeiten religiöser Umwandlung gewöhnlich mehrere Propheten
, die eigene Wege gehen, verschiedene Ziele haben,
und, wie wie wir später sehen werden, in ihren Aufgaben
sich ablösen. Einer von ihnen dringt ins Nachbarvolk;
so wie im Paramaeeium der eingewanderte Kern mit dem
hausständigen verschmilzt, so streut auch der eingewanderte
Apostel den religiösen Samen seines Volkes im Nachbarstaate
aus und vermischt ihn mit den Anschauungen, die
er dort vorfindet.
Die Geschichte bringt zahlreiche Beispiele dafür, und
in der Bibel ertappen wir sogar zwei religiöse Wanderkerne
auf der Ubergangsbrücke: Priester Jehova's und BaaPs
opfern ihren Göttern sozusagen auf einem Altar. Man
denke ferner an das alte Rom, wohin die Götter aller
Weltteile zusammengetragen wurden.
Das wäre also die Analogie durch Konjugation.
Manchmal aber geschieht es, daß die eingewanderte
Lehre, trotz ihrer Vermischung mit dem heimischen Elemente
, nur von einem Teile des Volkes angenommen wird;
dann bildet sich eine soziale Knospe aus dem häretischen
Teile, zu dem eine Fraktion des Priesterkollegiums übergeht
, und das neue Individuum wird aus dem alten Verbände
ausgestoßen. Wirkliche Zeugung durch Knospung!
Gegen die Berechtigung dieses Vergleiches könnte man
nun Folgendes vorbringen:
»Man könnte sich ja z. B. den heiligen Paulus bei
vielem guten Willen in der Rolle eines Wanderkernes vorstellen
, wo bleibt aber das niedrige Lebewesen, in dessen
Leibe er predigt? Sollten das etwa die Korinther sein?
Mit anderen Worten, kann etwa eine religöse Genossenschaft
als Einzelwesen aufgefaßt werden ?"
In der Tat! Sie hat Organisation, Die Teile gehorchen
einem Oberhaupte, es ist keine ganz lose zufällige Zusammenfügung
von Elementen. Die Differenzierung ihrer
Glieder in Prediger, Bischöfe, Mönche und Gläubige, sowie
die Arbeitsteilung bestätigt den Anfang einer primitiven
Organisation. Da wo Organisation ist, ist Einheit, und wo
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0515