Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
40. Jahrgang.1913
Seite: 526
(PDF, 209 MB)
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526 Psychische Studien. XL. Jahrg. 9. Heft. (September 1913.)

hinausgehoben hat, deren Kinder sie doch im übrigen gänzlich
gewesen sind? Eine einfache Betrachtung lehrt, daß
auch die geniale Anlage, die wir bei Jesus finden, nichts
schlechthin „übersinnliches" gewesen ist: sie setzt sich nicht
nur, wie dargelegt worden ist, eng verbunden mit den damaligen
Zeitvorstellungen (der „Messias") durch, sondern
es ist auch noch eins zn bemerken: Jesus ist nur der Vollender
dessen gewesen, was sein Volk schon jahrhundertelang
(besonders die Propheten) in Angriff genommen hatte.
Wir haben also hier denselben Fall, wie er auch bei
anderen Völkern wiederkehrt: wie bei den Griechen, deren
künstlerische Begabung sozusagen in einem Praxiteles oder
Phidias konzentriert auftritt, oder wie bei einem Goethe,
dessen Genie man in seinen Vorfahren vergeblich sucht,
während das ganze Volk, dem er angehörte, von den Tagen
Walter's von der Vogelweide und Wolfram's von Eschenbach
, durch die Jahrhunderte den Boden geschaffen hatte,
auf dem diese geniale Anlage gedeihen konnte, — von der
modernen Physiologie durch die Vererbungslehre gedeutet,
während ein anderer Teil diese Erklärungs weise als ungenügend
zurückweist, mit direktem Hinweis auf das Beispiel
, das sich uns in der Abstammung Goethe's darbietet
.

Eins läßt sich wohl von vornherein nrt Sicherheit
sagen es wird sich in allen diesen Fällen nicht um eine
„Offenbarung" handeln, die plötzlich vom Himmel kommt,
wie man sich das früher wenigstens in religiöser Hinsicht
gern vorstellte, sondern nur um die Erkenntnis einer ursprünglichen
Anlage, die allen Menschen gemeinsam ist, sei
es nun in religiöser oder künstlerischer Hinsicht, womit
sich freilich die Fähigkeit verbindet (denn mit der bloßen
Erkenntnis ist es nicht getan), diese Fähigkeit auch in die
Wirklichkeit umzusetzen. So werden wir denn auch sagen
können, daß die angebliche Berufung Jesu nichts weiter
gewesen ist wie das Zutagetreten dieser Anlage unter der
Zeitvorstellung vom nahenden Gottesreiche (auch die
„Stimme Gottes* war schon längst aus dem alten Testamente
bekannt, cfr. Jesaia 6), wozu der Grund in dem
Eindrucke zu suchen sein wird, den die Predigt Johannes
des Täufers auf den Jüngling gemacht hatte. In diesem
Rahmen findet das eigentliche Werk statt, das den Inhalt
dieser Begabung ausmachte: die Umbildung der jüdischen
Ethik in eine neue der Liebe und der Persönlichkeit. JVL.n
wird die Entwickelung dieses religiösen Genies noch besser
verstehen, wenn man sich die Frage vorlegt: was würde
aus Jesus geworden sein, wenn er nicht über diese Anlage


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