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578 Psychische Studien. XL. Jahrg. 10. Heft. (Oktober 1913.)
möchten, liegen in der ersten klar vor Augen. Eine vergleichende
Zusammenstellung erlaubte uns daher, die nach
oben und unten abgebrochenen Reihen zu verlängern.
Wissenschaftliche Hypothesen drängen in neue Tiefen.
Das Materialisationsexperiment ist bei einem toten
Punkte angelangt. Vom physiologischen Standpunkte ist
es uns so unbekannt wie am ersten Tage. Wir kommen
keinen Schritt vorwärts weder durch die Theologen, noch
durch die Theosophen, noch auf dem Wege rein psychologischer
Hypothesen, noch weniger durch den Offenbarungsspiritismus
, am wenigsten jedoch durch die Knt-
larver, welche im Namen einer exakten Wissenschaftlichkeit
mit bäurischer Plumpheit eingreifen und die gar nicht
zu ahnen fähig sind, daß wir es hier sicherlich mit einem
feinen Kniff der Mutter Natur zu tun haben, den sie mit
eleganter Gründlichkeit so geschickt ausgeklügelt hat, daß
die Menschheit nun schon seit Jahrtausenden an dem
Narrenseile zieht.
Unsere Unfähigkeit, den intimen Vorgang der Materialisation
auf den bis jetzt betretenen Wegen aufzudecken,
ist zur Genüge erwiesen. Es wäre darum Zeit, endlieh einmal
die Methode zu wechseln. Es täte dem Okkultismus
wahrlich Not, einmal recht enge Fühlung mit Jen Naturwissenschaften
anzustreben. Es wurde hier, um zu gründlicheren
Studien dieser Art anzuregen, der Versuch gemacht
, dem Rattenschwanz von Schein und Wirklichkeit,
von Wahrheit und Lüge, Bewußtem und Unbewußtem bei-
zukommen durch die Vergleichung mit bekannten physiologischen
Vorgängen und durch Anwendung entwiekelungs-
bedürftiger Hypothesen. Es gibt sicherlich den einen oder
anderen physiologischen Wanderer, der vor dem Grenzgebiete
der Metaphysik keine unbezwingliche Abneigung
besitzt. Der ausgesprochene Zweck dieser Zeileu ist, ihn
einzufangen. Er sei auf dieses noch jungfräuliche Gebiet
aufmerksam gemacht. Wäre er geneigt, durch den aufgezeigten
schmalen Spalt einen Blick in die geheime
Werkstätte des Lebens zu werfen, es gelänge ihm vielleicht,
die beiden großen Unbekannten, genannt Geist und organische
Materie, brüderlich vereint bei ganz wundersamer
Arbeit zu belauschen Es würde den Schreiber herzlich
freuen, entschlösse er sich, Wundertäter alten und neuen
Schlages unter seine Lupe zu nehmen und dabei Mutter
Natur, der schlauen Alten, durchs Hinterfenster in die
Hexenküche zu gucken. Es gäbe eine Sensation.
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