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Wilken: Die „mathematische Intelligenz" der Pferde. 597
sehen gleichsam das Resultat und sparen sich auch bei
schwierigen Aufgaben den Umweg der Intelligenz — die
sie nicht besitzen. In der Geometrie können selbst wir ja
die Lösung der schwierigsten Aufgaben unmittelbar der
Figur absehen, ohne ihres logischen Beweises fähig zu sein.
Für die Hypothese eines besonderen Zahlensinnes spricht
nicht nur der an Leitungsbahnen reiche Bau der Großhirnrinde
der Pferde, sondern sie ist auch im engeren
Sinne ökonomisch, da ähnliche Rechenleistungen mancher
schwachsinniger und jeder Erziehung barer K*in der,
die gerade bei Zunahme der Intelligenz verschwinden, eine
ähnliche Erklärung fordern. Der 10jährige Bauernjunge
Mangiamele löste z. B. vor der Pariser Akademie die Aufgabe
V 3 796 416 (= 156) in 30 Sekunden.
Es ist die Aufgabe der künftigen Forschung, durch
immer neue Versuche Tatsachen zu entdecken, deren Bewältigung
den anderen Hypothesen nur durch Hilfsannahmen
gelingt. Sie werden dadurch in dem Grade unwahrscheinlicher
, als die Hypothese wahrscheinlicher wird, deren Erklärungsformel
sie sich zwanglos fügen.
Von dem Ziel, auf diesem Wege die überragende Wahrscheinlichkeit
einer Hypothese über die Ursache oder Ursachen
des Rechenphänomens der Pferde gesichert zu
haben, sind wir heute noch weit entfernt. Und wenn es
wirklich einmal wider Erwarten gelingen sollte, die Hypothese
einer selbständigen Intelligenz als die wahrscheinlichste
nachzuweisen, muß man auch dann stets bedenken, daß es
sich um eine bloße Hypothese handelt, die sich nicht einmal
auf die direkte Anschauung in einer an sich durchaus
möglichen intuitiven Durchdringung des fremden Geistes
stützen darf. Denn die Voraussetzungen, mit denen die
Wahrscheinlichkeit der Hypothese erkauft ist, führen, wie
wir sahen, ebenso notwendig zu dem Schluß, daß die intuitive
Wahrnehmung fremder Intelligenzbetätigung nur ein
täuschendes Spiegelbild unseres eigenen Bewußtseins ist.
Schlaf, Träume und Bewußtsein.
Von E. Raschig, Lehrer in Neustädtel (Erzgebirge).*)
Im Zustande des Wachens, während alle Sinne normal
funktionieren und sich unter den von ihnen empfangenen
*) Der geschätzte Herr Verfasser schreibt uns hierzu, — dat.
Neustädtel, 7. Juli 1913, u. a.: »Wie der Inhalt dieser Abhandlung
zeigt, beruht sie auf empirischer Grundlage, d. h. auf langjähriger
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