http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0607
Wihan: Ein Aufruf an Wahrheitsfreunde.
603
von dieser Seite höchstens der Mond und zwar besonders
wieder der Vollmond, was bei krankhaft sensiblen Naturen
bekannte Erscheinungen der Ruhelosigkeit hervorruft.
(Schluß folgt.)
Ein Aufruf an Wahrheitsfreunde.
1. Es wäre eine außerordentliche Errungenschaft
unserer Kultur, wenn es gelingen würde, die Menschen
zu überzeugen, was in den großen Fragen des
Lebens, über den Geist, seine Zukunft, die Aufgabe des
Lebens, die höheren, schaffenden Mächte, die Religion,
Moral usw. zu glauben allein vernünftig, allein den Anforderungen
der höheren Vernunft, der Wissenschaft des
Denkens, d. h. unseren unumstößlichen Erkenntnisgesetzen,
entsprechend ist.
Heute herrscht eine schreckliche, unheilvolle Ungewißgewißheit
darüber, und ist das allein die Hauptursache, daß
so viele nachweisbar unvernünftige und schädliche
Lehren sich so verbreiten können, und daß viele, der Jugend
eingeprägte, gute Lehren später unbeachtet bleiben Das würde
gewiß bald aufhören, wenn die Menschen überzeugt würden, daß
nur bestimmte Lehren als unanfechtbar erwiesen werden
können, und daß es unvernüuftig ist, eine andere Lehre zu beachten
.
Ob es Fragen gibt, die nicht durch unanfechtbare Behauptungen
entschieden werden können, muß die Erfahrung
lehren; aber es wird gewiß schon ein großer Gewinn sein,
wenn es nur gelingt f einige wenige wichtige Erkenntnisse als
gewiß unanfechtbar festzustellen.
2. All unser Wissen über das, was außer uns ist
und geschieht, also über die Welt, ausnahmslos, beruht
auf Annahmen, ist also nur bedingt richtig. Wir
sind überall von zum Teil furchtbaren Rätseln und Geheimnissen
umgeben.
Wir wissen von dem, was uns zu wissen unendlich
wichtig wäre, gar nichts gewiß. Wir wissen nicht, w o -
her wir kommen, wozu wir da sind, was unser harret. Wir
wissen nicht, ob es in der Welt höhere, uns ähnliche Wesen
gibt, die, so wie wir, in das Geschehen der Welt schaffend und
lenkend eingreifen können, und auch Liebe fühlen, leidenden
Wesen gerne helfen, streben und schaffen. Wir wissen nicht, ob
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1913/0607