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Kurze Notizen
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Bauer in einem Artikel über (früher selbst erlebte) „Hellsehertricks
": „Dem Gedankenleser Reese, über dessen [NB.
vermutete! — Red.] Tricks das „Berl. Tagebl." unlängst
berichtete, ist nahegelegt worden, seine Künste auch einer
Kommission vorzuführen. Reese, der sonst hell sieht, hört
schwer und geht dieser Aufforderung aus dem Wege. So
lange er sich aber einer solchen Untersuchung entzieht,
muß er sich gefallen lassen, auf eine Stufe mit den vielen
berufsmäßigen Hellsehern unserer Vari£t6bühnen gestellt zu
werden. Unbedingt müßte diese Kommission aus Ärzten
und Berufstaschenspielern bestehen. Namentlich die letztgenannten
würden ohne Autosuggestion prüfen, was echt
ind wahr an der Clairvoyance Reese's, was Trick ist« usw.
Reese selbst bestreitet in einer Zuschrift aus dem Hotel
Montana in Luzern an das „Berliner Tageblatt" vom
5. VIII. er., worin er gegen die Professoren Dessoir und
Hyslop sehr ausfällig wird, die Behauptungen des Letzteren
als „vollkommene Unwahrheiten"; auch daß er sich geweigert
habe, sich einer wissenschaftlichen Untersuchung
zu unterziehen, sei „vollständig aus der Luft gegriffen". Durch
die in dem genannten, ans durch den Herrn Grafen Klinckow-
stroem zum Abdruck*) empfohlenen Feuilleton des „Berliner
Tageblatt * (Nr. 454, 4. Beiblatt vom 7. Sept. er.) enthüllten
„Taschenspielertricks* kann aber u. E. das im Aprilheft er.,
S. 193 abgegebene Urteil des Psychiaters Dr. v. Schrenck-
Notzing nicht erschüttert werden. Wir halten es für ausgeschlossen
, daß ein so genauer Beobachter und so geübter
Experimentator, dessen Unbefangenheit und Orientiertheit
auf dem ganzen einschlägigen Gebiet von keiner Seite bezweifelt
werden dürfte, sich durch derartige Kunststücke
hätte täuschen lassen. Auch die Schriftleitung der „Ubers.
Welt* gelangt in ihrem Nachwort zu den ausführlichen Erörterungen
des Hellsehensproblems im „Berliner Tageblatt"
vom 1., 2. (Abdruck des Berichtes von Dr. v. Schrenck-Notzing
in den „Psych. Stud.a), 4. u. 5. VIII. er. gleichfalls zu dem
Standpunkt, daß Schrenck-Notzing's Zeugnis dem von Prof.
Dr. Max Dessoir und anderen Gegnern des „Prof.* Bert
Heese zum mindesten die Wage hält. Prof. Dessoir, der
selbst Reese niemals wissenschaftlich untersucht zu haben
behauptet, erklärt ihn trotzdem für einen „Taschenspieler
gefährlichsten Kalibers* und stützt sich bei dieser unbewiesenen
Behauptung auf eine Mitteilung des Prof.
*) Der Abdruck scheiterte daran, daß der Verfasser dafür ein
Honorar verlangte, das in keinem Verhältnis zu dem wissenschaftlichen
Wert dieses Entlarvungsartikels steht. — Red.
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